Von der alten Synagoge existiert nicht einmal ein Foto
Der Heimatverein hat die Gedenktafel für das Gebäude in der Oststraße erneuert. Dort erinnert sonst nichts mehr an das Synagogengässchen
(28./29. Juni 2025, General-Anzeiger)
Von Ebba Hagenberg-Miliu
Bad Godesberg. Sie war in die Jahre gekommen, die Bildtafel an der Wand zur Oststraße 7. Die Tafel erinnert die Godesberger an die beim Novemberpogrom von 1938 zerstörte Synagoge ihrer ehemaligen jüdischen Mitbürger. Der Verein für Heimatpflege und Heimatgeschichte Bad Godesberg hat sie nun erneuern lassen, „sodass wieder angemessen an einen bedeutenden Teil des jüdischen Lebens in Godesberg erinnert wird“, wie die Vereinsvorsitzende Iris Henseler-Unger am Dienstag erinnerte. Als emotionales Zeichen klemmte hinter der Tafel eine Rose.
Leider weise nur noch wenig auf den ehemaligen Gottesdienstort der einstigen jüdischen Gemeinde hin, so Henseler-Unger. „Insbesondere sind bisher keine Außenaufnahmen bekannt.“ Allein die der Oststraßen-Tafel zu Grunde liegende Bleistiftzeichnung „Alt-Godesberg, Partie an der Oststraße“ von 1905 vermittele einen Eindruck von dem 1850 erbauten Gotteshaus. Sie zeigt in einem Hinterhof des damaligen Judengässchens neben Wohnhäusern einen eingeschossigen schlichten Bau mit Rundfenstern. Der Innenraum ist auf 42 Quadratmeter zu schätzen und dürfte eine Empore gehabt haben.
2017 hatte ein Leser aus einer alteingesessenen Godesberger Familie dem GA einen Fund aus seinem Familiennachlass gezeigt. Auf dem Schwarzweißfoto der vor dem Pogrom verstorbenen jüdischen Großmutter ist offenbar das Innere dieser Synagoge abgebildet: mit typischem Thoraschrein nebst Treppe und hebräischen Schriftzeichen. Bonns ehemaliger Stadtarchivar Norbert Schloßmacher hatte den Fund 2017 für den GA auf architektonische Details geprüft und die Möglichkeit bestätigt, dass es sich hier um das einzig erhaltene Innenfoto der Godesberger Synagoge handeln könnte. Zweifel daran seien jedoch letztlich für die Rückbesinnung der Godesberger nicht entscheidend.
Der Opfer des Holocausts zu gedenken, das dürfte nämlich auch in Godesberg Pflicht sein. Denn durch rassistischen Hass aufgepeitscht, wurde auch hier ab 1933 eine ganze seit dem 17. Jahrhundert heimische Bevölkerungsgruppe erst entrechtet und dann vertrieben oder ermordet. 1925 hatten es hier noch 140 jüdische Mitbürger gegeben. Einer von ihnen, dem dann noch die Flucht gelang, berichtete später: „In solchen Städtchen wie Godesberg und Bonn war man bewusst Jude und hat die Feiertage eingehalten, aber war nicht orthodox. Es gab auch viele Konvertierte. Die Leute … haben sich eher als Deutsche gesehen denn als Juden.“ Alteingesessene jüdischen Glaubens waren etwa die Metzgerfamilie Kaufmann direkt gegenüber der Synagoge und die Herrenmodehändlerin Julie Oster ebenfalls in der Oststraße, alle Holocaust-Opfer, an die heute Stolpersteine vor Häusern in der Ost- und Burgstraße erinnern.
Mit der Machtergreifung der Nazis wurden jedoch ab 1933 ihre Geschäfte boykottiert. Sie wurden diskriminiert. 1935 begann der Holocaust vor Ort: mit dem Mord an dem Mehlemer Metzger Josef Levy. Und als dann auch in der Oststraße am helllichten Vormittag des 10. Novembers 1938 SA-Leute die Synagoge abbrannten, weder Polizei noch Feuerwehr eingriff und auch von Widerstand der Mitbürger nichts zu sehen war, da war das Schicksal der noch nicht geflohenen Godesberger Juden besiegelt: Zuerst wurden die 1939 noch 83 Verbliebenen in fünf sogenannten „Judenhäusern“ in Godesberg und Köln isoliert. Ab 1941 wurden sie im Sammellager im Kloster Endenich interniert und von da bis Juli 1942 über den Bahnhof Köln-Deutz in die Nazi-Todeslager Osteuropas verschleppt. Dem industriellen Massenmord fielen allein im berüchtigten Maly Trostenez bei Minsk 32 Godesberger zum Opfer. Mit Mathilde Dardenne kehrte 1945 nur eine Godesbergerin aus den Lagern zurück.