Diana-Stein in Muffendorf verbindet zwei Religionen
Bonner Geheimnisse Eine Inschrift belegt Geschichte der Römer in Bonn. Iris Henseler-Unger weiß mehr darüber
(21. Dezember 2024, General-Anzeiger)
Von Verena Düren
BAD GODESBERG. | Versteckt steht er unter einem großen Baum oberhalb des als Parkplatz genutzten Remi-Baert-Platzes in Muffendorf: der Dianastein. Er hat eine bewegte Geschichte und verbindet zwei Religionen. „913 wurde die alte Muffendorfer Kirche, Alt St. Martin, erstmals urkundlich erwähnt. Der Dianastein aus dem 2. Jahrhundert war im Seitenaltar eingemauert. Er ist einer der wenigen noch sichtbaren Funde aus der Römerzeit. Er könnte darauf hinweisen, dass an dieser Stelle einmal ein Diana-Tempel stand“, so Dr. Iris Henseler-Unger, Vorsitzende des Vereins für Heimatpflege und Heimatgeschichte Bad Godesberg.
Göttin Diana war auch in Roms Provinzen sehr beliebt
Die Göttin Diana wurde oft mit ihrem Zwillingsbruder Apollo verehrt. Sie galt als die Göttin der Jagd, weshalb der Bogen ihr Erkennungszeichen ist. Sie gehört zu den römischen Gottheiten, denen die meisten Heiligtümer in Rom, aber auch in den römischen Provinzen geweiht wurden. Der Stein aus Drachenfelser Trachyt ist einen guten Meter hoch, 66 Zentimeter breit und 41 Zentimeter dick. Die Übersetzung der lateinischen Inschrift lautet: „Gajus Scribonius Genialis, Legat der frommen und treuen kaiserlichen 1. minervischen Legion, ließ diesen Tempel der heiligsten Göttin Diana errichten.“ Über den Errichter ist nur bekannt, dass er Befehlshaber der genannten Legion war.
Eine Parallele wird auch zwischen diesem Stein gesehen und dem Äskulapstein, der im Hofe der Godesburg gefunden wurde. Bei Letzterem ist unbekannt, wo er ursprünglich gestanden hat. Lange Zeit blieb der Diana-Stein von Muffendorf integrierter Bestandteil in der Kirche: Zwischen 1100 und 1200 entstand der heutige Bau. 1910/11 wurde der Diana-Stein entdeckt und aus dem Inneren der Kirche entfernt. „Warum der Stein ursprünglich in die Kirche integriert worden war, können wir nur vermuten“, so Henseler-Unger. „Häufig wurden solche bereits behauenen Steine einfach aus praktischen Gründen für einen Neubau verwandt. Vielleicht darf man den Einbau in eine katholische Kirche jedoch noch weiter interpretieren als Symbol für den Sieg des Christentums über die heidnischen Götter.“
Eine verwegene Interpretation ist in ihren Augen, dass Diana im Mittelalter immer als die Göttin der Frauen und Mädchen galt und der Hexensabbat unter ihrer Schirmherrschaft stand. Vielleicht war auch dieser Zusammenhang ein Grund, den Stein ausgerechnet in einem Altar verschwinden zu lassen. Während sich der originale Stein im LVR-Museum befand, wurde 1988 anlässlich der 1100-Jahr-Feier Muffendorfs die Nachbildung gestiftet, die seitdem nahe der alten Kirche und oberhalb des Remi-Baert-Platzes zu finden ist. Doch in den letzten Jahren hat sich einiges in Muffendorf getan und wird sich weiterhin tun: Nachdem die Kirche Alt St. Martin, die ursprüngliche „Heimat“ des Dianasteins, 2017 durch einen Brand stark beschädigt wurde, befindet sich auch die romanische Kirche in einer Sanierungsphase. Der Denkmalschutz arbeitet intensiv daran, die Bausubstanz zu untersuchen und möglichst den Originalzustand wieder herzustellen. Der Diana-Stein beziehungsweise sein direktes Umfeld wurde vom Verein für Heimatpflege und Heimatgeschichte Bad Godesberg neu gestaltet. Damit das römische Erbe, das überall in Bonn zu finden ist, kein Geheimnis bleibt.
Diese Story stammt aus dem Buch „Bonner Geheimnisse“. Bis zum 24. Dezember öffnet der GA täglich (außer sonntags) ein Kalendertürchen, hinter dem sich eine Geschichte verbirgt. Das Buch ist in Kooperation zwischen dem General-Anzeiger und dem Bast Medien Verlag erschienen, kostet 24 Euro, hat 192 Seiten und ist bebildert. Erhältlich im Buchhandel oder direkt beim Verlag unter bestellungen@bast-medien.de (versandkostenfrei).