Vom Hotel zur Kita
81 neue Kitaplätze für Bad Godesberg: Ein Blick hinter die Baukulissen des ehemaligen Hotels Rheinland
(22. Juni 2024, General-Anzeiger)
VON AYLA JACOB
BAD GODESBERG. | Das Hotel Rheinland blickt auf eine lange Geschichte zurück. Frauenheim, Kurhaus, Hotel – und Kneipe, zählt man die Zwitscherstube hinzu, die sich im Souterrain des Hauses an der Rheinallee befand. Bis Oktober 2022. Damals machte erst die Kultkneipe, wenig später dann das Hotel dicht. Für immer. Lange Zeit tat sich dort nichts, der Plan, das Gebäude abzureißen und durch Wohnungen und Büros zu ersetzen, geriet ins Stocken. Das hat sich geändert. Der Geschichte des Hauses wird (bald) ein neues Kapitel hinzugefügt.
Seit dem 2. Januar wird das ehemalige Hotel für rund 1,7 Millionen Euro umgebaut – zu einer Kita. Am 1. August wird in dem dann komplett umgestalteten Gebäude eine Dependance der Mini-Mäuse eröffnen. Dort, wo früher (Hotel-) Gäste aßen, sich trafen und schliefen, werden Kinder die Flure bevölkern.
„Ein Hotel in eine Kita umzubauen, funktioniert eigentlich sehr gut“, sagt Mini-Mäuse-Geschäftsführerin Martina Walzik bei einem Rundgang über die Baustelle. Es sei deutlich einfacher, als Kindertagesstätten in anderen Bestandsimmobilien zu installieren. Der Grund: die meist nicht optimale Raumaufteilung. Ein Hotel habe gerade Gänge, von denen rechts und links die Zimmer abgingen. Auch die klassische Anordnung der Zimmer sei ideal, „weil man einfach die Wände herausnehmen und große Räume daraus machen kann“.
Ganz so einfach, wie es klingt, war es dann aber doch nicht. Als die Wände der (relativ kleinen) Hotelzimmer – 26 Stück, verteilt auf das erste und zweite Obergeschoss – weichen sollten, kam altes Fachwerk zum Vorschein. Und das, so Walzik, konnte nicht einfach entfernt werden, da es für die Statik unerlässlich war. „Wir haben das Beste daraus gemacht“, erzählt die Geschäftsführerin. Heißt: Die Streben wurden bearbeitet und blieben stehen. „Eigentlich finde ich es jetzt sehr schön, es sieht sehr atmosphärisch aus.“
Darüber hinaus habe es keine Überraschungen gegeben. Asbest wurde nicht gefunden, „die Bausubstanz ist gut“, sagt Walzik. Lediglich die Böden seien ein wenig schief gewesen, „aber das konnten wir gut ausgleichen“.
In der zweiten Etage werden künftig Büros und die Küche zu finden sein, in der täglich frisch gekocht wird. In den ehemals 13 Hotelzimmern der ersten Etage kommen zwei Ü-3-Gruppen unter. Dort werden Kinder von drei bis sechs Jahren betreut. „Wir haben ein Drei-Raum-Konzept“, beschreibt Walzik die Aufteilung. Damit hat jede Gruppe drei Räume zur Verfügung: In dem einen wird an Tischen gegessen, die anderen beiden stehen für differenziertes Arbeiten, zum Vorlesen oder als Kuschelraum zur Verfügung. Außerdem gibt es für die Ü-3-Kinder einen eigenen Montessori-Raum mit speziellem Arbeitsmaterial.
Das ehemalige Restaurant im Erdgeschoss, das auch als Frühstücksraum fungierte, wird in eine Mehrzweckhalle umgewandelt. Turnen und Bewegung steht da auf dem Programm. Theke, Küche und Rezeption werden zu Gruppenräumen umgestaltet. Dort werden dann – aufgeteilt in zwei Gruppen – einmal Unter-Dreijährige und einmal Zwei- bis Sechsjährige betreut. Verbunden werden die Etagen über einen Aufzug. Der Parkplatz verwandelt sich in Außengelände – neuer Baum inklusive, da die marode Birke, die dort steht, gefällt werden muss. Ansonsten wird vor allem auf den Sonnenschutz Wert gelegt, und zwar in Form von Sonnensegeln und -schirmen.
Doch wo sollen die Eltern, die ihre Kinder mit dem Auto bringen, halten? Dafür wolle die Stadt Parkbuchten einrichten, sagt Walzik. Viele der Eltern kämen mit dem Fahrrad. „Natürlich wird es zu den Stoßzeiten ein vermehrtes Aufkommen sein“, räumt sie ein. Viele Familien aber hätten ohnehin schon ein Kind in der benachbarten Grundschule.
Das Interesse an dem Umbau ist groß. Sie sei häufig angesprochen worden, sagt Walzik. „Vor allem auf die Zwitscherstube“, sagt sie mit einem Augenzwinkern. Häufig sei die Frage gekommen, ob man die Kellerkneipe nicht erhalten und wieder eröffnen könne. „Es heißt oft, dass das doch toll wäre, das ‚Zwiwi’ wäre ja eine Bad Godesberger Institution gewesen.“ Doch: „Es geht einfach nicht. Kita und Kneipe verträgt sich nicht so gut“, sagt Walzik. Mal davon abgesehen, dass dort vermutlich ohnehin nie wieder eine Gaststätte eröffnen könnte. Dem stünden Brandschutzvorschriften im Weg, ist die Geschäftsführerin überzeugt.
Genutzt werde das „Zwiwi“ aber weiterhin. Anders. „Wir wollen die Kita perspektivisch zum Familienzentrum ausbauen. Dort möchten wir dann einen Aufenthaltsraum für Eltern und Kinder schaffen.“ Und das vielleicht schon im nächsten Jahr.
Wer hofft, noch einen Platz in der neuen Kita zu ergattern, wird enttäuscht. Die Einrichtung ist voll. Unter anderem seien Belegplätze an die Telekom verkauft worden, sagt die Geschäftsführerin. Diese schließt ihre Betriebskita am Landgrabenweg zum Sommer. Davon abgesehen seien die 81 Plätze „sehr schnell“ weg gewesen. „Es fehlen ja viele Kitaplätze. Und in Bad Godesberg sowieso.“
ABWECHSLUNGSREICHE GESCHICHTE – Vom „Frauenheim“ zur Kita
Das Haus an der Rheinallee 17 tauchte 1885 in einer Adressliste auf, dort wurde die Immobilie als „Frauenheim“ bezeichnet. So soll das Gebäude bis 1910 genutzt worden sein, von 1913 bis 1930 diente es als Beamten-Erholungshaus, dort wurden – so ist aus den Godesberger Heimatblättern zu erfahren – unter anderem auch verletzte Soldaten untergebracht. 1931 bis 1935 hieß es dann „Kurhaus Rheinland“, seinen Namen „Hotel Rheinland“ erhielt es 1936. In den 1960er-Jahren kaufte die Familie Denninger das Haus. Im vergangenen Jahr dann wurde das ehemalige Hotel wieder verkauft, neue Eigentümerin ist Vanessa Palm, Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht. jab