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Verein für Heimatpflege und Heimatgeschichte Bad Godesberg e.V.

Vermittler zwischen den Kulturen

Vor zehn Jahren hat der Künstler Ren Rong in der Villa Friede einen Kunstraum eröffnet

(6. Februar 2024, General-Anzeiger)

VON EBBA HAGENBERG-MILIU

Auf den großformatigen Landschaftsbildern des chinesischen Malers Cui Zhenkuan im Kunstraum Villa Friede ranken sich Äste in den von Nebel verhangenen Himmel. Kontrastreich heben sich die dunklen Farbtöne des Geästs vom milchig schimmernden Hintergrund ab. Unwillkürlich fühlt sich der Betrachter in die Bildtiefe hineingezogen, wo weitere Schichten und Erzählungen zu warten scheinen. „Aufzeichnung einer Berg-Erkundung“ hat der Künstler eines dieser in den letzten drei Jahren entstandene Werke benannt, die seit Samstag im Mehlemer Kunstraum hängen. Mit Tusche hat er sie in der Tradition der chinesischen Rollbilder und Kalligraphie auf Papier gebracht. Wie etwa auch die Serie „Kornfeld-Aussichten“, auf denen sich ein Meer von dunklen Ähren im leichten Wind biegt und zarte Rosa-, ja auch kräftigere Ockertöne eine geheimnisvolle Sogwirkung erzielen.

Als einen der wichtigsten Vertreter der zeitgenössischen chinesischen Kunst bezeichnete am Samstagabend bei der Vernissage der Sinologe und Kunsthistoriker Karl-Heinz Pohl Cui Zhenkuan im bis zum letzten Platz besetzten Veranstaltungsraum. „Verständlicherweise konnte der fast 90-Jährige nicht anreisen“, entschuldigte Aussteller Ren Rong seinen Kollegen. Umso verdienstvoller sei es, dass der Kunstraum in seiner inzwischen zehnjährigen Arbeit so hochkarätige Werke nach Bonn bringe, erwiderte Professor Pohl.

Er blicke mit Dankbarkeit für die Begegnungen mit Künstlern, Kulturschaffenden und Besuchern auf die zehn Jahre Kunstraum zurück, erklärte hernach Ren Rong im GA-Interview. Und schmunzelnd erinnerte er an die Hängepartie, bis er 2007 die marode Villa Friede kaufen konnte. Erst als die Konkurrenz, ein Immobilienbüro, pleite ging, habe die Stadt ihm grünes Licht gegeben. „Wir sind stolz, dass wir dann in diesem historischen Gebäude mit privaten Mitteln eine eintrittsfreie Kulturstätte etablieren konnten“, sagte der 63-Jährige. Trotz zuweilen widriger Umstände, etwa der Pandemie, biete man neben der ständigen Sammlung von 200 Werken bis zu sechs Ausstellungen mit internationaler Ausrichtung pro Jahr. Die Publikumszahlen stiegen an. Es kämen das Fachpublikum, aber auch Kunstinteressierte aus Bonn und Region, dem Ruhrgebiet und sogar dem Ausland.

Und was stellt der Kunstraum aus? „Wir geben nicht nur Etablierten wie 2022 dem Zero-Künstler Heinz Mack eine Bühne, sondern auch aufstrebenden Künstlern“, erläuterte der Chef und verwies auf die im Oktober 2023 gezeigte Solo-Schau von Fynn Ribbeck, Jahrgang 1995. Ren Rong, der sich selbst seit vielen Jahren als Maler und Bildhauer nicht zuletzt mit seinem Leitmotiv, dem „Pflanzenmenschen“, einen Namen gemacht hat, will mit Hilfe seines Sohns Julian Ren sein Kunstzentrum in Zukunft noch mehr den jüngeren Künstlergenerationen öffnen. Darüber hinaus lade er externe Kuratoren ein, thematische Ausstellungen zu konzipieren, berichtete er. Etwa Robert Fleck, ehemaliger Intendant der Bundeskunsthalle und Professor an der Kunstakademie Düsseldorf, habe hier 2023 die Gruppenausstellung zu feministischer Body-Art mit Werken von Maria Lassnig, Elaine Sturtevant und Ekatherina Savtchenko kuratiert.

„Als eine der wenigen Kulturinstitutionen in Deutschland engagieren wir uns aber auch für einen kulturellen Austausch zwischen der europäischen und der asiatischen Kunstszene“, betonte der Kunstraum-Chef. Ein wichtiger Teil sei dabei die Präsentation chinesischer Kunst, für die man nicht nur vor Ort eine Plattform schaffe, sondern diese auch regelmäßig an namhafte Kulturhäuser, etwa das Osthaus Museum Hagen und das Museum Ludwig Koblenz, vermittle. Dazu sei es ihm ein Herzensanliegen, auch in umgekehrte Richtung deutsche Künstler nach China zu bringen, so Ren Rong. „Ich sehe das als meine Berufung an: Ich bin Künstler und Vermittler zwischen den Kulturen.“

Dass ihm das hier mit seiner Frau Lidia Plajzer in der geschichtsträchtigen Jugendstilvilla am Rhein gelinge, freue ihn besonders. „Das lichtdurchflutete Obergeschoss mit dem Rosetten-Fenster, den Stuckdetails und Deckenbögen in Verbindung mit dem symmetrischen Grundriss schafft doch fast eine sakrale Raumatmosphäre“, schwärmte Plajzer. Man öffne das Haus aber bewusst auch wieder für Bürgerdiskussionen. Was auch Iris Henseler-Unger und Martin Ammermüller bestätigten: Der Godesberger Heimatverein freue sich sehr über das Engagement für den Standort, so die heutige Vorsitzende und ihr Vorgänger.

INFORMATION – Cui Zhenkuan und der Pinsel in Trance

Cui Zhenkuan, Trance of the Brush (Pinsel in Trance) ist noch bis zum 2. März im Kunstraum Villa Friede, Mainzer Straße 141-143, zu sehen. Öffnungszeiten: Donnerstag – Freitag: 16-19 Uhr, Samstag: 11-16 Uhr, und nach Vereinbarung. Kontakt: 0228/ 240 450 44, E-Mail: info@kunstraum-villafriede.de ham

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