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Verein für Heimatpflege und Heimatgeschichte Bad Godesberg e.V.

Für den Edeka-Umbau zieht die Bäckerei in einen Container

Klufterplatz in Friesdorf

(16./17. September 2023, General-Anzeiger)

Von Ayla Jacob und Bettina Köhl

Friesdorf · Im Oktober beginnt der Umbau der Edeka in Friesdorf. Knapp sechs Wochen später können sich die Kunden dann über eine Fleischtheke freuen, denn im Ort gibt es keinen Metzger mehr.

Die Glasscheiben für den neuen Cafébereich sind schon eingesetzt. Hier sollen künftig Gäste sitzen und auf die Annaberger Straße schauen, während sie ihren Kuchen essen. „Hier ist eine sehr lebhafte Ecke, was ich sehr schön finde“, sagt Edeka-Pächter Kevin Stollenwerk. Er hatte den Friesdorfer Markt im Januar übernommen und seitdem den Umbau vorbereitet. „Wir schließen am 6. Oktober um 14 Uhr und machen am 16. November um 7 Uhr wieder auf“, kündigt Stollenwerk an. Woher er das bis auf die Uhrzeit genau weiß? „Wir planen vom Eröffnungstag zurück.“

30 Prozent mehr Fläche nach dem Umbau

Der neue Markt bekommt rund 30 Prozent mehr Fläche und bietet auch Extras wie eine Geschenke-Abteilung, eine Orangensaftpresse und einen Wein-Probierautomaten. Trotzdem bleibt der Edeka Friesdorf einer der kleinen Lebensmittelmärkte in Bonn. Stollenwerk hat damit Erfahrung, denn er führte bereits den Edeka seiner Tante in Monschau weiter, als er in Friesdorf übernahm. „Ich glaube an die Wiederbelebung der kleinen Fläche, gerade für den täglichen Bedarf“, sagt er und verdeutlicht: „Wer in einem 5000 Quadratmeter großen Laden an der Kasse steht und die Butter vergessen hat, muss 300 Meter weit laufen, hier sind es nur 30.“

Das Edeka-Grundsortiment, das er aus unterschiedlich großen Bausteinen zusammenstellt, kann er an die Wünsche der Kundschaft anpassen. „Ich lege großen Wert auf regionale Lieferanten“, sagt Stollenwerk. Monschauer Senf ist daher für ihn ein Muss im Sortiment.

Zurzeit werden die alten Vitrinenfenster aus den 1960er-Jahren entfernt. Der Verkauf im Edeka geht unterdessen noch normal weiter. Zuerst zieht die Bäckerei Markmann aus, die vor acht Jahren ihre Filiale am Klufterplatz eröffnet hatte. Während der Arbeiten müssen die Kunden aber nicht auf süße und herzhafte Backwaren verzichten. Junior-Chef Michael Markmann berichtet, die Bäckerei habe bei ihrem regionalen Ladenbauer zum ersten Mal einen sogenannten Tiny-Store gemietet.

Die Bäckerei bietet ihre Waren ab Montag, 18. September, im Container auf dem Klufterplatz an. Während der Umbauphase ist montags bis freitags von 6.30 bis 18.30 Uhr, samstags von 6.30 bis 16 Uhr und sonntags von 8 bis 11 Uhr geöffnet. Auch für seine Bäckerei sei „der gemeinsame Umbau ein spannendes Projekt, das natürlich auch mit erheblichen Kosten verbunden ist“, so Markmann. Es garantiere aber eine attraktive Nahversorgung auf lange Sicht.

Das Angebot rund um den Klufterplatz hat sich im Lauf der Jahrzehnte verändert. Kundin Helga Giersberg hat früher selbst bei Edeka in Friesdorf gearbeitet: „Ich kenne den Laden noch aus den 60er-Jahren.“ Sie kann sich gut daran erinnern, dass der Eingang früher seitlich, in Richtung Sparkasse war. „Edeka hatte damals auch noch eine eigene Drogerieabteilung“, so die Friesdorferin. Auch einen Schuhladen und ein Textilgeschäft habe es früher im Ort gegeben.

Frischetheke mit Fleisch, Wurst und Käse

Jetzt freut sich Giersberg, dass es nach dem Umbau bald wieder eine Frischetheke mit Fleisch, Wurst und Käse gibt. „Friesdorf hatte früher sechs Metzgereien, jetzt gibt es gar keine mehr. Darum ist es wichtig, dass wir wieder eine Fleischtheke bekommen“, sagt sie. Sie kauft regelmäßig in Friesdorf ein, denn: „Wir möchten ja den Ort attraktiv halten.“

Alte Friesdorfer nennen den Klufterplatz auch Waasem und erzählen, dass hier früher auch die Wäsche gebleicht wurde. Dass das unmittelbar auf dem heutigen Platz geschah, kann sich Karl Josef Schwalb nur schwer vorstellen. Dieser, so der Friesdorfer Heimatforscher, sei bis zu den 1930er-Jahren eine Wiese gewesen, die der Familie Vershoven-Huth gehörte. Dort grasten meist die Kühe des Bauern, einmal im Jahr stellte er die Fläche außerdem für die Kirmes zur Verfügung. Daher sei es wahrscheinlicher, dass die Friesdorfer – damals alle Selbstversorger – sich rund um den Klufterplatz auf ihren eigenen Grundstücken mit der Wäsche beschäftigten. Waasem heißt außerdem nicht mehr als Rasen.

Rückblick auf Handel und Handwerk in Friesdorf

In den 1930er-Jahren verkaufte die Familie die Fläche im Herzen Friesdorfs laut Schwalb an die Stadt, die Wiese wurde zum Gemeindeplatz. Jahrmarkt, Kasperletheater und Ähnliches hätten dort stattgefunden, sagt der Heimatforscher. Die Geschäfte lagen nicht direkt am Platz, sondern etwas oberhalb. Nach dem Ersten Weltkrieg „gab es in Friesdorf fünf bis sechs Metzgereien und diverse Bäckereien“. Generell siedelten sich viele kleine Baugeschäfte an, auch Wirtschaften oder Handwerk wie einen Schuster habe es gegeben. „Außerdem befand sich im Ort eine kleine metallverarbeitende Werkstatt“, berichtet Schwalb. Diese sorgte unter anderem dafür, dass die Maschinen bei Kleutgen und Meier und bei Rheila-Perlen ordnungsgemäß liefen.

Wer nach dem Zweiten Weltkrieg Marmelade, Sauerkraut oder Bonbons kaufen wollte, ging nicht in einen großen Supermarkt. Dafür gab es verschiedene kleine Läden im Ort, die auch bei Gastarbeitern beliebt waren. Im heutigen Edeka befand sich übrigens ein großer Tanzsaal, bevor er zum Supermarkt wurde, erinnert sich Schwalb.

Der Tiny-Store – Bäckerei öffnet am Montag auf dem Platz

Die Firma Walterscheid Projektschmiede aus Neunkirchen hat den Tiny-Store für den Klufterplatz gebaut. Laut Michael Markmann handelt es sich um einen „hoch modernen Verkaufsraum auf Container-Basis“. Einen weiteren habe der Ladenbauer ins Ahrtal vermietet. Der Vorteil für die Bäckerei Markmann: Die sechs Verkäuferinnen, die in der Friesdorfer Filiale arbeiten, sind nicht dem Wetter ausgesetzt – anders als bei den Verkaufsanhängern, wie sie auch auf Wochenmärkten zum Einsatz kommen. Diese, so Markmann, wurden bislang genutzt, wenn ein Supermarkt umgebaut wurde, in dem sich eine seiner Filialen befindet. So geschehen vor acht Jahren schon einmal in Friesdorf und auch in Plittersdorf.

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