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Verein für Heimatpflege und Heimatgeschichte Bad Godesberg e.V.

Vom Ländchen nach New York

Wo sind die Bilder des Malers Toni Wolter? Spurensuche nach dem Mann, dessen Werke wohl viele Bonner Wohnzimmer zieren

(10. Juli 2023, General-Anzeiger)

VON THOMAS KLIEMANN

BAD GODESBERG. | Wann immer die kurze Reise durchs Drachenfelser Ländchen ansteht, ob mit dem Fahrrad oder mit dem Auto, stellt sich bei mir die Frage, ob es denn eine Malerin oder einen Maler gibt, die oder der diese sanfte Landschaft mit ihren Aufs und Abs gemalt hat. So weit von den vielgemalten Hotspots der Rheinromantik ist man hier gar nicht entfernt.

Eine Internetrecherche führt zu einem nicht datierten winterlichen Landschaftsbild, das, virtuos gemalt, ein schneebedecktes Feld und eine Anhöhe zeigt. Signiert ist es mit T. Wolter, Titel „Winter im Drachenfelser Ländchen“. Die Suche nach Toni Wolter im Internet führt unter anderem zu weiteren Motiven aus der Region, Godesburg mit Siebengebirge, Drachenfels. Eine Skizze von der Brauerei Wolter in Friesdorf aus einem Skizzenbuch von 1898 und etliche zusätzliche Motive entdeckt man in Horst Heidermanns hochinteressanten Aufsatz von 1999 in den „Godesberger Heimatblättern“.

Für den Kunsthistoriker und Kenner der regionalen Szene Daniel Schütz ist das der beste Beitrag zu dieser hochinteressanten Künstlerpersönlichkeit mit einem äußerst bewegten Leben: Wolter wurde 1875 im heutigen Bonner Ortsteil Friesdorf in eine Familie von Brauern und Bauern geboren, Vater Lorenz führte die Familienbrauerei in Friesdorf, Mutter Christine (Stine) betreute später die Gaststätte Gambrinus in Bad Godesberg. Toni Wolter, der immer gerne zeichnete, ging nach einer Anstreicherlehre als 17-Jähriger an die Kölner kunstgewerbliche Fachschule (Dekorationsmalerei) und auf Wanderschaft. In Bad Godesberg gestaltete er die Wände des Gambrinus und des Ännchen künstlerisch, schuf etliche weitere Wandgemälde. 1897 begann er ein Studium an der Königlichen Kunstakademie zu Düsseldorf. Immer wieder unternahm Wolter ausgedehnte Reisen, häufig nach Italien. Doch besonders intensiv widmete er sich der Landschaft der Bonner und Bad Godesberger Region.

1915 kam ein anderes Thema hinzu, die Industriemalerei. Wolter malte im Auftrag Szenen aus der Produktion, zum Beispiel in der Gießerei in Werdohl, er malte Bohrtürme in Nienhagen und Braunkohlebilder im rheinischen Braunkohlerevier. Wolters Ruf als Industriemaler war so exzellent, dass er 1925 einen Auftrag bekam, in den USA Fabrikbilder zu malen. New York faszinierte ihn besonders: Er zeichnete die Skyline und skizzierte Szenen am Broadway. 1929 starb Wolter in Rüngsdorf an den Folgen einer Nierenbeckenentzündung und wurde auf dem Burgfriedhof in Bad Godesberg begraben.

Das sind nur einige Details aus Wolters Leben, das Heidermann sehr lesenswert dokumentiert. Ein Dutzend Werke bildet er ab, weitere Arbeiten von Wolter findet man im Internet – etliche Werke wurden bei Auktionen angeboten. Und wo sieht man Bilder von Wolter in der Region? Das ist schwierig. So besitzt das Kunstmuseum Bonn kein Bild von Wolter, Fehlanzeige auch im Stadtmuseum Bonn. Das LVR-Landesmuseum ist ebenfalls blank, was Wolter angeht. Im Bonner Stadtarchiv gibt es etliche Zeitungsartikel und Dokumente über den Maler.

Der Bonner Schütz, der mit seinem Rheinischen Archiv für Künstlernachlässe (RAK) wichtige Anlaufstelle für alle Recherchen ist, hat selber keine Dokumente über Wolter (würde sich aber über dessen schriftlichen Nachlass und die Skizzenbücher freuen), hat immerhin privat mit Kunst von Wolter zu tun. Unlängst habe er eine „kleine Ölskizze – Blick auf die Burg Gudenau“ restaurieren lassen, ferner erzählt von einem Wolter, auf dem die „Pfirsichblüte in Muffendorf“ zu sehen ist.

2009 berichtete der General-Anzeiger von einer Rettungsaktion. Schütz hatte in der Godesberger Bezirksverwaltung ein durch Rauch und Staub arg verschmutztes Gemälde von der Godesburg im Sonnenaufgang, das zeitweise im Treppenhaus hing, entdeckt und als Werk Wolters identifiziert. Er erkannte Handlungsbedarf. Bezirksverwaltung und Heimatverein brachten das Geld für eine Restaurierung auf. „Irgendwo aus dem Herzen Schweinheims muss Toni Wolter herabgeblickt haben auf die Godesburg, das Rheintal und das Siebengebirge“, liest man im GA. Und dann malte er das Bild.

Wo sind weitere Werke von Wolter? Sicherlich hängen etliche in Bonner Wohnzimmern. Der Nachlass des Künstlers befindet, so Schütz, bei dem Architekten Pascal Schroeder. Schroeder hat den Nachlass vor rund acht Jahren erworben. Was genau dabei ist, weiß er nicht. Schroeder erzählt von 30 bis 40 Gemälden, die aber alle in einem schlechten Zustand seien und restauriert werden müssen. Sie hingen bei der Familie Wolter in Zimmern, die mit Kohle beheizt wurden. Der Architekt ist überzeugt, dass es noch viele Bilder des Malers in der Region geben müsse. „Wolter war ein fleißiger Maler“, sagt er, „er konnte sogar vom Bilderverkauf leben“. Er selbst habe immer wieder Gemälde in Antiquariaten gesehen, sagt Schroeder. Und wann wird er Zeit finden, seinen Wolter-Schatz zu untersuchen? Das sei viel Arbeit, sagt er, er habe sich das für den Ruhestand aufgehoben. „Das ist nicht mehr so lange hin.“

Wenn es so viele Bilder von Toni Wolter in der Region gibt – wo sind sie? Liebe Leser, jetzt kommen Sie ins Spiel: Wer hat Bilder von Toni Wolter? Schicken Sie uns Fotos. Wir werden die interessantesten Bilder vorstellen.

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