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Verein für Heimatpflege und Heimatgeschichte Bad Godesberg e.V.

Der Heimatverein will mitreden

Bislang ist Bad Godesberg zum größten Teil nur durch Karnevalsorden im Stadtmuseum vertreten. Das soll sich ändern

(15. Mai 2023, General-Anzeiger)

VON EBBA HAGENBERG-MILIU

BAD GODESBERG. | Der Stadtteil Bad Godesberg wird im neu zu konzipierenden Bonner Stadtmuseum seinen gebührenden Platz erhalten. Das versicherten am Freitag die neue Museumsleiterin Yvonne Katzy und Philipp Hoffmann, der Leiter des Zentrums für Stadtgeschichte und Erinnerungskulturen, bei einem Workshop mit Godesberger Lokalhistorikern im Kulturamt. „Wir möchten ein neues Museum für und mit allen Bonnerinnen und Bonnern zusammen erschaffen. Und wir möchten daher Ihr Bezirksbild von Bad Godesberg kennenlernen“, sagten Katzy und Hoffmann im Godesberger Rathaus.

Im Museum am bisherigen Standort Franziskanerstraße sei der Stadtteil leider in vielfacher Hinsicht noch unterrepräsentiert, gab Hoffmann zu. Von den relativ wenigen Godesberger Exponaten sei ein Großteil Karnevalsorden. Das solle sich demnächst auch durch den Wissensaustausch mit den Experten vor Ort ändern.

Wie berichtet, wird das Stadtmuseum in den Anbau des Alten Rathauses an der Rathausgasse 7 umziehen, weil der Standort Franziskanerstraße Teil des Projekts Viktoriakarree für Einzelhandel, Gastronomie, Wohnen und Einrichtungen der Universität werden soll. Im Gebäuderiegel aus den 1950er Jahren an der Rathausgasse sind derzeit Mitarbeiter städtischer Ämter untergebracht. Bis 1992 war er fast vier Jahrzehnte Heimstätte des Kunstmuseums vor dessen Umzug an die Museumsmeile. Auf drei Etagen stehen dort etwa 500 Quadratmeter Ausstellungsfläche zur Verfügung. Das sei zwar weniger Raum als bisher, allerdings besser geschnitten und damit „besser bespielbar“, hatte Kulturdezernentin Birgit Schneider-Bönninger dem Kulturausschuss im Oktober 2022 geschildert. Die politischen Parteien reagierten durchweg positiv auf die Standortwahl, berichtete der GA.

Bis Anfang Juli werde die Stadt nun eine Machbarkeitsstudie für den neuen Standort vorlegen, kündigte Museumsleiterin Katzy am Freitag an. Im Workshop wolle man sich mit den Experten vor Ort darauf konzentrieren, was im Laufe der Geschichte die wichtigsten Godesberger Ereignisse, Orte und Menschen seien, die im Museum Berücksichtigung finden sollten. Damit wolle man ein „gemeinsames Bezirksbild“ zeichnen, so Katzy. Die Ergebnisse der Veranstaltung würden dokumentiert und fänden Einzug in die neue stadthistorische Ausstellungsplanung.

„Bad Godesberg ist lebendig, selbstbewusst und geschichtlich interessiert“, antwortete Iris Henseler-Unger als Vorsitzende des Heimat- und Geschichtsvereins mit Dank für die Einladung zur Mitarbeit. „Die Geschichte der heutigen Stadt Bonn ist ohne die Einbeziehung Bad Godesbergs auf jeden Fall unvollständig.“ Man wolle „auf Augenhöhe“ gehört werden und möglichst anspruchsvoll in Clustern geschichtliche Epochen mit Themen wie Godesberg als Kurort, als Diplomatenstadt und inzwischen als bunter Multikulti-Stadtteil verbinden.

Es sei sehr positiv, dass das Museum eine Neukonzeption erhalte, lobte Henseler-Unger. „Bisher ist es doch entsetzlich verstaubt und entspricht längst nicht den modernen Standards.“ Aber die in Godesberg an Geschichte Interessierten machten sich doch Sorgen, ob die geplante Größe mit 500 Quadratmetern am neuen Standort „nicht sehr klein angesichts der 2000-jährigen Geschichte“ Gesamt-Bonns sei und ob die Stadt das neu konzipierte Projekt auch wirklich mit ausreichenden Finanzmitteln versorgen werde, fügte sie gegenüber Katzy und Hoffmann hinzu. „Wir wollen also gerne für ein größeres Museum, mehr Personal und mehr Gelder kämpfen“, bot die Vorsitzende des Godesberger Geschichtsvereins an.

Auch die Historikerin Pia Heckes äußerte im Workshop ihre Bedenken, ob auch „einzigartige Exponate“ in der neuen Konzeption auf einer kleineren Fläche, aber mit Berücksichtigung der bislang vernachlässigten Stadtteile nicht bedeutend „geschrumpft“ werden müssten und im Depot verschwänden. „Zu schrumpfen ist keineswegs unsere Absicht“, versuchte Katzy die Ängste zu nehmen. Dann brauche das Museum auf jeden Fall neue Godesberger Exponate, fuhr Heckes fort. Zum Aufstocken möge es sich am besten an die zahlreichen hiesigen Privatsammler wenden.

Man wolle mit den Stichpunkten Topographie, die Stadt als römische Siedlung und deren Rezeption im Mittelalter, Kurfürsten und Herrscher, Musik und Bonn, Universität und Bildung, Hauptstadt sowie Bonn heute arbeiten, führte die Museumsleiterin dann mit Mitarbeitern einer Berliner Agentur in die Detailaussprache ein. Einige Punkte wurden in der Runde mit unter anderem Jürgen Endemann und Wilfried Rometsch sofort intensiv diskutiert. Wo bleibe da Bonn in der Nazi-Zeit, das hier nur im Nebensatz abgehandelt werde, hakte der Historiker Norbert Flörken kritisch ein. Gerade Godesberg habe unter anderem mit dem Hotel Dreesen als brisanter Treffpunkt Adolf Hitlers mit Neville Chamberlain Weltpolitik mitgeschrieben. Das Veranstalterteam versprach, die Anregung zu berücksichtigen und zu einer Folgeveranstaltung einzuladen.

PLÄNE – Das möchte der Heimat- und Geschichtsverein

Im Stadtmuseum repräsentiert sein sollte laut Iris Henseler-Unger Godesbergerisches von den altsteinzeitlichen Muffendorfer Chalzedon-Fossilienfunden über die römischen Badeanlagen in Friesdorf, die mittelalterliche Godesburg sowie das Marienforster Gut und die barocke Michaelskapelle bis zur kurfürstlichen Redoute auch als Treffpunkt des jungen Ludwig van Beethoven mit Joseph Hayd. Vom Kur- und Schulstandort Villenviertel über das Rheinhotel Dreesen bis zu den Ringsdorff-Werken als Einsatzort erst für Zwangsarbeiter und später Gastarbeiter. Von den Botschaften über die Brunnenanlagen und die Altstadtsanierung bis zum U-Bahn-Bau. Von Lindenwirtin Aennchen Schumacher über Schauspieler Paul Kemp bis zu Bürgermeister Joseph Zander und Maler Paul Magar und vieles sowie viele mehr. ham

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