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Verein für Heimatpflege und Heimatgeschichte Bad Godesberg e.V.

Von der Schalterhalle zur Parfümerie

Bernd Birkholz vom Godesberger Heimatverein begibt sich auf Spuren der ehemaligen Sparkasse an der Alten Bahnhofstraße

(3. März 2023, General-Anzeiger)

VON EBBA HAGENBERG-MILIU

BAD GODESBERG. | Leicht enttäuscht steht Bernd Birkholz in der Parfümerie an der Alten Bahnhofstraße 17. „Das alte Wandbild der früheren Kreissparkasse, die hier bis Dezember 1996 drin war, ist inzwischen nicht mehr zu sehen“, stellt der zweite Vorsitzende des Godesberger Heimatvereins fest.

Vor einem Jahr hat er zwischen den Regalen mit Kosmetikartikeln noch letzte Relikte des vielen Alteingesessenen so einprägsamen Wandbildes der Filiale fotografieren können. Birkholz zeigt sein Digitalfoto von 2022. In Pastellfarben sind auf Keramikkacheln Teile einer mit Bäumen bestandenen Flusslandschaft zu erkennen. Man habe inzwischen umgebaut, sodass das Wandbild nicht mehr sichtbar sei, erklärt eine Rüdell-Mitarbeiterin dem GA bedauernd.

Birkholz, ein 69-jähriger Sparkassenbetriebswirt, hat 1970 in diesem Haus mit den einstmals großen Leuchtbuchstaben fünf Monate seiner Ausbildung gearbeitet. „Hier links kam unser Filialleiter morgens und mittags immer wie auf einer Showtreppe zu uns herab, um nach dem Rechten zu sehen“, erzählt er schmunzelnd. Dort drüben hinter den drei Kassierern habe sich auf der gesamten Breite der Kundentheke das riesige Wandrelief des 1966 erneuerten Kassenbaus hingezogen: wahrlich „die Zierde“ der Schalterhalle. „Mit etwas Fantasie konnte man das abstrakte Bild des Rheinlaufs südlich von Bonn erkennen“, erläutert Birkholz und zeigt ein Foto, das Heimatforscher Professor Herbert Strack noch kurz vor der Schließung der Sparkasse gemacht hat. „Das Wandbild war eine Arbeit von Alfred Will, damals Professor an den Kölner Werkschulen“, weiß Birkholz.

Der ehemalige Auszubildende hat sich daran gemacht, für die demnächst erscheinenden Heimatblätter die Geschichte der hiesigen Sparkassen zu recherchieren. Birkholz berichtet von den Anfängen um 1890 in einer Pfennigsparkasse für Kleinsparer in einem Kolonialwarengeschäft der heutigen Koblenzer Straße 17 an der Einmündung zur Oststraße. 1907 wurde daraus die erste Kreissparkassen-Zweigstelle, die in die Bürgerstraße 2 und ab 1925 in die vormaligen Räume des Bankhauses Louis David in der Alten Bahnhofstraße 17 wechselte.

1920 hatte parallel dazu an der Rheinallee 1 die Gemeindesparkasse Godesberg, die heutige Stadtsparkasse Köln-Bonn, eröffnet.

Nach dem Krieg sei es auf jeden Fall ein Unikum gewesen, dass Godesberg bald innerhalb von knapp 500 Metern „in friedlicher Koexistenz“ ganze drei Kassengeschäftsstellen habe vorweisen können, sagt Birkholz: eben die Kreissparkasse an der Alten Bahnhofstraße 17, die Stadtsparkassen-Hauptstelle in der Rheinallee 1 und deren Geschäftsstelle am Theaterplatz 24, heute Theaterpatz 3. „Es waren wohl für alle genügend Potenziale vorhanden.“

Gerade in den 1950er und 1960er Jahren habe das Bauen für das Wirtschaftswunder die Geschäfte gesichert. „In erster Linie gediegene Zweckbauten“ seien in Godesberg errichtet worden, zeigt ein Blick in die Geschäftsberichte der Kassen. Und es wurde vor Ort auch einfach gut gespart.

1966 musste die damals eigenständige Kreissparkasse an der Alten Bahnhofstraße sogar erweitert werden: Der Neubau erhielt ein zusätzliches Staffelgeschoss und eben die damals schmucke großzügige Schalterhalle mit dem Wandrelief. Da war auch schon seit sechs Jahren ihre Ablegerfiliale in Berkum am Strom, hat Birkholz recherchiert.

Farblich unterschied sich die Werbung für die friedlich nebeneinander agierenden Geschäftsstellen nur wenig: Die Kreissparkasse verwendete Blaugrün, die Godesberger Stadtsparkasse Tannengrün. Nur das wenige Häuser weiter ansässige Bankhaus I. D. Herstatt an der Bahnhofstraße 7 wollte man damals nicht dulden. Zumal diese Konkurrenz „mit vorteilhaften Konditionen besonders um vermögendere Privat- und Gewerbekunden“ warb, so Birkholz. „Dem Bankhaus wurde Mitte 1974 die Erlaubnis zum Betreiben von Bankgeschäften entzogen.“

Da waren es auf engstem Raum dann wieder die großen Drei. Wovon die eine, die Kreissparkasse an der Alten Bahnhofstraße, im Zuge der kommunalen Neugliederung 1969 ihre Existenz als eigenständige Institution verlor und im Dezember 1996 geschlossen wurde. Birkholz hat an sie auf jeden Fall bleibende Erinnerungen. 1970 habe er als Auszubildender einmal ein rigoroses Vorgehen der Polizei bei einem vermeintlichen Banküberfall hautnah miterlebt, berichtet er. Ohne Vorwarnung seien Beamte mit vorgehaltenen Maschinenpistolen in die Kassenhalle gestürmt. Die Anwesenden hätten sich enorm erschreckt. Der Grund: „Ein nicht identifizierbarer Mitarbeitender hatte offenbar versehentlich die Alarmanlage betätigt“, erklärt Birkholz. „Heute ist in einem solchen Fall die übliche Vorgehensweise der Ordnungshüter wesentlich vorsichtiger und sensibler“, sagt der Heimatforscher. Schon allein, um niemanden in Gefahr zu bringen.

HISTORIE – Im Visier der Nationalsozialisten

Bernd Birkholz geht in seiner Arbeit auch auf das Schicksal mehrerer Godesberger Sparkassenvorstände im Nazi-Staat ein. Seit 1933 sei gesetzlich angeordnet gewesen, Menschen jüdischer Herkunft und politisch unerwünschte Personen aus dem Staatsdienst zu entfernen. Danach wurden loyale Gefolgsleute in die Vorstände geschleust. Laut Birkholz traf die Anordnung unter anderem Josef Karbach und Peter Hensen. 1933 wurde Karbach wegen seines politischen Engagements in der bald darauf aufgelösten Zentrumspartei entlassen.

Gegen Hensen habe der Nazi-Bürgermeister Heinrich Alef ebenfalls 1933 ein Verfahren wegen angeblicher Bestechlichkeit entfacht. Die Heimatblätter werden demnächst mit Birkholz` Beitrag in ihrer Ausgabe 2023 erscheinen. ham

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