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VHH
Verein für Heimatpflege und Heimatgeschichte Bad Godesberg e.V.

Mundartliches wird Gesprächsstoff

Kreatives Hausprojekt in Friesdorf

( 4. August 2022, General-Anzeiger Bonn)

Von Ebba Hagenberg-Miliu

Friesdorf Der Heimatforscher Karl Josef Schwalb und die Künstlerin Anne Stöcker haben an bislang vier Friesdorfer Häuserfronten ihr Projekt „Weisheit der Gasse“ begonnen. Mit schönen Sprüchen.

„Met kleen Steen baut me och jruse Hüüse“, steht im rheinischen Platt auf einem hölzernen Querbalken des Fachwerkhauses an der Klufterstraße 47. „Dieser Spruch, dass man auch mit kleinen Steinen große Häuser bauen kann, birgt immer Gesprächsstoff für die, die vorbeigehen“, berichtet Anne Stöcker.

Sie hat das Schmuckstück von weißem Dorfhaus mit seinen schwarzen Balken und grünen Fensterbänken renovieren lassen und ist selbst mit ihrem Malatelier eingezogen. Und sie hat dem Haus nun als Tüpfelchen auf dem i alte heimische Spruchweisheiten an den Sichtachsen hinzugefügt. Die gehören zum ehrgeizigen Projekt „Weisheit der Gasse“, das Stöcker und der Friesdorfer Heimatforscher Karl Josef Schwalb derzeit in den Gassen und Gässchen des Ortsteils realisieren.

„Vier Holzbalken sind schon an Friesdorfer Häusern angebracht, vier weitere sind in der Mache“, freut sich der 90-jährige Schwalb. Und fügt hinzu: „Beim zwölften atme ich durch, denn auch ich investiere ja viel Kraft.“ Indem er eben jeden Aspiranten vor Ort mit seinem Schatz an heimatgeschichtlichem Know-how berät.

Seit Jahren brennt der Mann, der eine Instanz unter den hiesigen Lokalhistorikern ist, für seine Idee. 107 mundartliche Sprüche hat er dafür gesammelt. „Früher waren die in aller Munde und dienten der Ermunterung, der Warnung vor falschen Entscheidungen oder Feststellungen, wie es im Leben zugehen kann“, erläutert Schwalb an Beispielen wie „Wer an de Schöll vorbeijeht, kütt net wick“, also wer an der Schule vorbeigeht, kommt nicht weit. „Klar, das ist eine Warnung an Lernfaule“, sagt Schwalb, der von 1968 bis 1994 Rektor an Godesberger Haupt- und Grundschulen, zuletzt der Burgschule, war.

Gut gefällt ihm auch die Lebensweisheit „Joot Nohpere bruchen keen Heck“, gute Nachbarn brauchen also keine Hecken. Mal sehen, wann das an einem Friesdorfer Haus prangen werde. Oder wie wäre es mit dem Spruch: „Leve ömjon als vekiert jon“? Was übersetzt etwa heißt: sich lieber kritisch umzusehen, in der Partnerwahl, in der Politik, vor jeder Entscheidung, als verkehrt zu gehen.

„Wir wollen diese ausgegrabenen Schätze vor dem Aussterben bewahren und in den Alltag zurückholen“, betont Schwalb. Eher einspurige Zitate wie „Echte Fründe ston zesamme“ oder „Et kütt wie et kütt“ will er eher nicht an Friesdorfer Hauswänden sehen. „Ich habe nicht an Karnevalskram gedacht“, nimmt der 90-Jährige kein Blatt vor den Mund. Schwalb will auch nicht wie Heimatmuseen tote Gegenstände aus dem früheren dörflichen Umfeld ins Museum verfrachten. „Sie sollen hier und jetzt im Alltag zum Gespräch einladen.“

Um das Projekt realisieren zu können, hatte dem Mann, der sich im „fruchtbaren Unruhestand“ befindet, über die Jahre nur noch jemand gefehlt, der es ohne Schablonen umsetzen konnte. „Und dann bin ich mit Anne Stöcker ins Gespräch gekommen, ohne die jetzt nichts laufen könnte“, berichtet der 90-Jährige.

Malen von Hand

Das heißt, die auch in Kalligrafie bewanderte Künstlerin malt den vom Hauseigentümer gewählten Spruch von Hand gut sichtbar auf eine mit dem Balken harmonierende Holzfläche, die sie dann am Haus oder Tor befestigt. Direkt auf den Balken zu schreiben, wäre bei Wind und Wetter ein Risiko, erläutert Stöcker. „Holz arbeitet.“ So schreibe sie auf sorgsam präparierte und resistente Holztafeln. Und zwar vorwiegend im Schrifttypus karolingische Minuskel. „Die ist gut lesbar und wirkt bewusst nicht altbacken, sondern modern.“

Im Kardinal-Galen-Weg und im Oberdorf an der Annaberger Straße sind inzwischen weitere Sprüche zu lesen, die immer mit einer Eule versehen sind. „Mit dem Symbol der Weisheit also, hier der Weisheit der Dorfgassen“, so Stöcker. An ihrem eigenen Haus steht übrigens noch der Spruch: „Me soll net ihe beiere, bis Kermes es“. Stöcker, eine Sinologin, die selbst des rheinischen Dialekts mächtig ist, sieht häufig Spaziergänger davor grübeln und diskutieren. „Man sollte also nicht schon die Glocken läuten, bevor Kirmes und damit Kirchweihe ist“, übersetzt sie und schickt lächelnd als Frage hinterher: „Wie würden Sie das denn deuten?“

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