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Verein für Heimatpflege und Heimatgeschichte Bad Godesberg e.V.

Der mutige Verleger aus der Villichgasse

Heinz Ader gab in den 1920er Jahren die „Godesberger Woche“ heraus. Dann bremsten ihn die Nationalsozialisten aus

(24.03.2022, General-Anzeiger Bonn)

Von Ebba Hagenberg-Miliu

BAD GODESBERG. | Wer kennt noch den Godesberger Verleger Heinz Ader (1893-1944)? Ein leidenschaftlicher Journalist, der 1928 mitten in die Jahre der Arbeitslosigkeit und des Zeitungssterbens hinein ein eigenes Godesberger Blatt, die „Godesberger Woche“, auf die Beine stellte. 1942 verschwand die Zeitung durch das Wüten der Nationalsozialisten und des Zweiten Weltkriegs von der Bildfläche. Der Heimatforscher Martin Ammermüller hat Ader in den neusten „Heimatblättern“ ein Denkmal gesetzt. Und zwar, indem er die seit 2018 über das Portal „zeitpunkt.nrw“ zugänglichen Digitalisierungen bis 1945 herausgegebenen Zeitungen durchforstete. Dabei stieß er auf 208 Ausgaben der „Godesberger Woche“, begeisterte sich dafür – und bekam Probleme, „die Zeitung wieder aus der Hand zu legen“.

Ader war ein Godesberger Malersohn, der erst auf die Burgschule ging und dann seine journalistische Ausbildung an der Düsseldorfer Akademie erhielt. Tätigkeiten bei auch internationalen Zeitungen endeten in der Wirtschaftskrise. Ader kam nach Godesberg zurück, gründete eine Familie und riskierte es 1928, einmal wöchentlich unabhängig und nur über seine Heimatstadt zu berichten. Ihm sei natürlich klar gewesen, dass er damit seinen beiden Konkurrenten die Leser nicht abspenstig mache konnte, schreibt Ammermüller. Es publizierten damals täglich zwei Zeitungen jeweils mit Godesberger Teil und festem Leser- und Anzeigenstamm: der General-Anzeiger und die Deutsche Reichszeitung, das Organ der Katholischen Kirche und der Zentrums-Partei. Dieser Heinz Ader aus der Villichgasse 11 hatte also Mut.

Rötliche Färbung als Wiedererkennungswert

Er musste die Kosten schon einmal möglichst gering halten: Ader wählte ein kleineres, handliches Zeitungsformat, das er in einer normalen Druckerei direkt um die Ecke in der Friesdorfer Straße 2 bei den Gebrüdern Hesseler produzieren ließ. Die Umschlagblätter, auf dem Titel gut sichtbar mit einem Holzschnitt der Godesburg und auf der letzten Seite mit Anzeigen, waren, des Wiedererkennungseffekts wegen, rötlich gefärbt. Ader schrieb die Artikel des zwölfseitigen Blatts meist gleich selbst oder animierte seine Mitbürger, aktiv zu werden, was die Leserbindung verstärkte. Die Käufer beteiligten sich fleißig. Ader konnte sich auch über einen enormen Zugang an Leserbriefen freuen.

„Unabhängig und frei von jeder parteilichen Bindung“ wolle sein Blatt sein, versprach der Verleger. Die „Godesberger Woche“ solle nicht nur „ein engeres heimatliches Organ sein, das die Ereignisse der Oberfläche widerspiegelt, sondern mehr und mehr den Ursachen und Zusammenhängen der Dinge nachzukommen bestrebt sein, die dem Leben und Geschehen in unseren Heimatgemeinden ihren Charakter aufdrücken“. Ader wollte also durchaus kritisch berichten. Deshalb war er im Gemeinderat Dauergast – und legte sich alsbald mit Bürgermeister Josef Zander an. Ammermüller verweist auf Aders kritische Berichterstattung über damalige, in dessen Augen zu teure und damit unverantwortliche Geländekäufe der Gemeinde, etwa um den Panoramapark anzulegen.

In der „Frage der Sittlichkeit im neuen Schwimmbad“ habe sich Ader wiederum schützend vor den Bürgermeister gestellt. Die Zentrumsfraktion hatte nämlich den Antrag gestellt, im neuen Bad gemeinschaftliches Schwimmen der Geschlechter nicht zuzulassen, „weil dies gegen die Leitsätze und Weisungen der deutschen Bischöfe zu verschiedenen modernen Sittlichkeitsfragen“ verstoße. Bürgermeister Zander, der selbst dem Zentrum angehörte, hatte seine Parteifreunde zu überzeugen versucht, den Antrag besser zurückzuziehen. „Das Zentrum habe doch über die Jahre den Bau gefördert, gerade auch aus Gründen der Sittlichkeit, um das wilde und nackte Baden am Rheinufer zu verhindern. Er sei doch selbst Katholik“, hat Ammermüller in seiner Lektüre Zanders Appell nachgelesen. Der Gemeinderat votierte übrigens schließlich für gemeinschaftliches Schwimmen von Männlein und Weiblein.

Ärger mit dem Verein der Ruhestandsbeamten

Heinz Ader bot in seinem Blatt niederländischen Besuchern der Stadt touristische Tipps, stieg in heimatkundliche Themen und die kulturellen Angebote Godesbergs ein, druckte karnevalistische Büttenreden ab, berichtete gerne auch über die Aktivitäten von Vereinen – und legte sich hier, indem er einen harschen Leserbrief über die hohen Renten Beamter druckte, mit dem mitgliederstarken Verein der Ruhestandsbeamten an. Der beschwerte sich daraufhin über „verhetzende“ Zeilen direkt beim Bürgermeister. Der Verleger scheute in Gastbeiträgen auch nicht die Diskussion über eine mögliche Zusammenlegung Godesbergs mit Bonn, was ihm ebenfalls gepfefferten Reaktionen einbrachte. Aber immerhin war seine „Godesberger Woche“ in aller Munde. 1933 bereitete jedoch mit der Machtübernahme der Nazis die Gleichschaltung der Medien auch Aders journalistischem Eifer ein Ende. Seine „Godesberger Woche“ verkümmerte und schrumpfte. 1942 war Schluss mit dem Blatt. Ader selbst starb 1944 bei einem Bombenangriff auf Düren.

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