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Verein für Heimatpflege und Heimatgeschichte Bad Godesberg e.V.

Denkmalgeschützt und vernachlässigt

GA-Leser moniert schlechten Zustand eines Hauses am Burgfriedhof. Die Stadt als Eigentümerin kündigt Veränderungen an

(17. März 2022, General-Anzeiger Bonn)

Von Silke Elbern

BAD GODESBERG. | Es ist nie das erste Haus am Platz gewesen, wie man früher so schön sagte. Auch wenn die Architektur des Hauses mit der Adresse Burgfriedhof 2 das vermuten lässt – angesichts von rotem und gelbem Backstein, kleinen Türmchen, Rundbögen und einer Filetlage mit direktem Blick auf die Godesburg. Doch beim Gemäuer aus dem Jahr 1889 handelt es sich um die einstige Leichenhalle des Burgfriedhofs. Inklusive einer Wohnung im ersten Stock.

Und hier wird es für einen GA-Leser interessant, der sich an den GA wandte mit der Frage, warum die Stadt eigentlich ihr Eigentum so verfallen lässt. „Es könnte übrigens guter Wohnraum für Ukraine-Flüchtlinge entstehen“, meint der Bad Godesberger, der anonym bleiben möchte. Die ästhetische Anmutung des Hauses kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass manches im Argen liegt – was schon der Bauzaun drumherum beweist, erst recht aber windschief hängende Rollläden und eine stete Durchlüftung dank kaputter Fenster.

Bis vor circa 15 Jahren sei die obere Etage von städtischen Mitarbeitern bewohnt worden, die untere werde von Friedhofsgärtnern genutzt, zeigt sich der Leser gut informiert. Denn die Stadt bestätigt das: Das Erdgeschoss diene nach wie vor als Lagerraum für Geräte und Maschinen sowie als Pausenraum, das Obergeschoss – ehemalige Gärtnerunterkunft des Burgfriedhofs – stehe seit vielen Jahren leer. „

„Seit diese Familie ausgezogen ist, vergammelt das Denkmal, wuchs zu, wurde nicht gepflegt. Stattdessen wurde der Vorplatz durch eine mobile Garage verunstaltet“, moniert der GA-Leser. Alles sei umso ärgerlicher, als das Eigentum ja verpflichte. Laut Denkmalschutzgesetz NRW sind Besitzer von Denkmälern verpflichtet, diese „instand zu halten, instand zu setzen, sachgemäß zu behandeln und vor Gefährdung zu schützen“ und darüber hinaus „so zu nutzen, dass die Erhaltung der Substanz auf Dauer gewährleistet ist“.

In der Tat gehört das Haus laut Markus Schmitz vom Presseamt zum Denkmalumfang des Friedhofs, ist aber nicht als Einzeldenkmal in der städtischen Liste zu finden. Immerhin sei nach einem Hinweis an die Untere Denkmalbehörde, dass es hineinregnet, das Dach saniert worden, gibt es auch lobende Worte des Mailschreibers. Notwenige weitere Arbeiten seien aber ausgeblieben. Jene kündigte die Verwaltung nun auf Nachfrage an. „Derzeit ist eine umfassende Sanierung des Gebäudes, insbesondere des Obergeschosses, in Planung, damit insgesamt eine dauerhafte Nutzung des gesamten Gebäudes sichergestellt werden kann“, sagt Schmitz.

Dann soll wieder Leben einziehen in die Wohnetage, die vom Geländeniveau des Friedhofs aus separat zugänglich ist. Im Zuge dieser Maßnahme würden zudem alle Fenster ausgetauscht. „Neben dem Dach wurde die hölzerne Dachkonstruktion repariert, da sich dort Pilze gebildet hatten. Außerdem wurde eine umfassende Natursteinsanierung an den Giebelverdachungen durchgeführt“, erläuterte der Mitarbeiter angefallene Arbeiten. Nach derzeitiger Planung sollen alle Bautätigkeiten Ende 2022 abgeschlossen sein.

Nicht nachvollziehen konnte man aber bei den zuständigen Fachämtern die Kritik, wonach die umliegenden Grünanlagen nicht genug gepflegt würden, zu selten Müll aufgesammelt werde und im Sommer vom Grundstück her der Bürgersteig mit dornigem Gewächs zuwuchere. „Hecken und Grünbeete unterhalb des Hauses werden, analog zum restlichen Friedhof, gepflegt. Sie befinden sich aus Sicht der Stadt in der Regel in einem ausreichend guten Pflegezustand. Dabei gibt es die üblichen jahreszeitlichen Schwankungen“, gab Schmitz die Einschätzung der Verwaltung wieder. Die meisten Grünflächen um das Haus seien im vergangenen Jahr zurückgeschnitten worden.

Doch nicht nur der Zustand der Immobilie, sondern auch deren Geschichte lohnt eine kleine Betrachtung. Dabei ist natürlich Verein für Heimatpflege und Heimatgeschichte Bad Godesberg mit seinen vielen Fachleuten eine gute Anlaufstelle. Erster Tippgeber ist der Vizevorsitzende Bernd Birkholz, der auf den „Bericht über die 25jährige Verwaltung der Bürgermeisterei Godesberg 1888-1913“ verweist. Dort ist unter „Begräbniswesen“ zu lesen, dass es unter hygienischen Gesichtspunkten leider immer noch keine gesetzliche Bestimmung gebe, die Leichen innerhalb kürzester Zeit aus dem Haus zu einer Leichenhalle zu transportieren. Aber gerade für „aufgefundene Leichen“ sei es wichtig, ein Leichenhaus zu errichten, hielt Bürgermeister Anton Dengler fest. „Im Frühjahr 1889 beschloß die Gemeindevertretung den Bau eines solchen am Südeingang des Begräbnisplatzes“, so der damalige Bürgermeister.

Im Souterrain hatte es, an den Berg angelehnt, Platz für zwei Leichenwagen, ein Sezierzimmer für Ärzte und einen Aufbewahrungsraum für die Toten. Im Obergeschoss, mit Ausgang zum Friedhof, lag die Dienstwohnung des Kirchhofverwalters, der als Ständiger Beamter angestellt war.

Als solcher oblag dem Verwalter auch die Vergabe der Gräber. Hier kommt Martin Ammermüller aus dem Hier und Jetzt ins Spiel, denn der einstige Vorsitzende des Heimatvereins gilt als ausgewiesener Kenner des Burgfriedhofs. Er weist auf ein Kuriosum in der alten Friedhofsordnung hin. So kosteten die Grabstätten für 50 Jahre 150 Mark, auf „ewige Zeiten“ waren sie dagegen schon für 300 Mark zu haben.

Ammermüller stört übrigens nicht nur der Zustand des einstigen Gärtnerhauses, sondern die ausbleibende Restaurierung des imposanten Grabmals „Mutter Erde“ der Familien Dernen/Wittgenstein. „Unsere Mahnungen bei der Stadt wurden entweder nicht beantwortet oder es wurde Corona und Arbeitsüberlastung als Grund für die Untätigkeit genannt“, sagt der Hobby-Historiker.

Der österreichische Bilderhauer Adolf Simatschek hatte das Denkmal aus Sandsteinquadern geschaffen; der Mutter Erde empfängt mit weit ausgestreckten Armen diejenigen, die in ihren Schoß zurückkehren. „Vor zehn Jahren hat die Familie es sanieren lassen mit einem Zuschuss der Stadt, aber Sandstein verwittert eben schnell, weshalb wieder viel abgeblättert ist“, meint Ammermüller. Für den Heimatverein hat er einen eigenen „Spaziergang“ über den Burgfriedhof verfasst hat. Dereinst wird er selbst hier begraben werden, was ihn freut – so man das beim Thema Tod sagen kann.

Gedenken
Theologe Bethge kommt auf Ehrenliste

Am Eingang des Burgfriedhofs weist eine Übersichtstafel auf die Gräber von Persönlichkeiten hin. An seinem 22. Todestag wird an diesem Freitag der Theologe Eberhard Bethge in die Liste aufgenommen, der zuletzt in Wachtberg gelebt hatte. An seiner Seite ruht Ehefrau Renate, geborene Schleicher. Bethge gilt als einer der engsten Vertrauten Dietrich Bonhoeffers. Nach dessen Tod im Konzentrationslager setzte sich Bethge für die Veröffentlichung der theologischen Arbeit seines Freundes ein. Die Zeremonie am Freitag um 12 Uhr in der Michaelskapelle am Friedhof richtet die Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit in Bonn aus. Andreas Pangritz hält eine Ansprache, Bethges Sohn Dietrich Bethge spielt Cello. es

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