Heimatblätter, Ziegendenkmal und die Mundart
Der Hobbyforscher Karl Josef Schwalb feiert am Sonntag seinen 90. Geburtstag. Er ist das Gedächtnis Bad Godesbergs
(16. Oktober 2021, General-Anzeiger Bonn)
VON EBBA HAGENBERG-MILIU
BAD GODESBERG. „]a, ich habe ein unruhiges Pensionärsleben“, sagt Karl Josef Schwalb und zeigt auf seine neueste Publikation: Eine Sammlung ‚von 100 zum Teil heiteren, aber auch erschütternden historischen Friesdorfer Geschichten hat er drucken lassen. Ihm mache es immer noch Freude, der Nachwelt lokalgeschichtlich Wertvolles zu erhalten, berichtet der über Bad Godesberg hinaus bekannte Heimatforscher. Schwalb wird am Sonntag runde 90 Jahre alt. Er wird den Geburtstag im engsten Familienkreis feiern. Der Jubilar wurde 1931 im Johanniter-Krankenhaus geboren und wuchs an der Annaberger Straße auf. Nach dem Abitur im Aloisiuskolleg studierte er in Bonn und wurde Lehrer für Deutsch, Biologie und Sport.
Von 1968 bis 1994 leitete er als Rektor mehrere Godesberger Haupt-und Grundschulen, zuletzt die Burgschule. Als „außerschulische Neigungen“ seines Lebens nennt er die Heimatgeschichte Friesdorfs, die Mundartpflege und die Hausmusik an Klavier und Klarinette. Dazu sei immer auch die Gartenpflege gekommen. Zehn Jahre lang hegte und pflegte er mit Friesdorfer Kindern den Schulwald am Wiesengrund. Üppig war Zeit seines Lebens auch sein ehrenamtliches Engagement: von 1981 bis 1992 als Vorsitzender des Ortsausschusses Friesdorf. In der katholischen Kirche Heilig Kreuz organisierte er Kindergottesdienste. Mit seinem Direktorenkollegen Karl-Heinz Vogt startete Schwalb 1987 in Grundschulen Vorlesewettbewerbe in Dialekt.
„Klaaf“-Treffs und Studienfahrten
Zwischen 2000 und 2014 leitete der beliebte Mundartsprecher für ältere Semester allein 50 „Klaaf“-Treffs in der Offenen Tür Duerenstraße. Zwischen 1997 und 2008 führte er 91 Gruppen auf Studienfahrt. „Ich reise einfach gerne mit neugierigen Leuten im Team“, kommentiert er seine Unternehmungslust. Seit den 1970er Jahren intensivierte Schwalb mit viel Sachverstand und Humor sein Engagement in der Lokalhistorie, wovon regelmäßige Beiträge in den Godesberger „Heimatblättern“ des Vereins für Heimatpflege und Heimatgeschichte zeugen. Da lieferte er gerne auch mundartliche Sagen und Sprichwörter. Wie etwa das über cleveres Küssen: „Wer em Düstere bützt, moss em Helle jewählt han.“ 1991 war Schwalb Mitherausgeber des Buchs „Friesdorf und seine Kirchen“. Ab 2001 zeichnete er als zweiter Vorsitzender des Heimatvereins verantwortlich, ab 2005 für fünf Jahre als erster Vorsitzender.
Mehrere Friesdorfer Straßennamen gehen auf seine Initiative zurück. Dazu 2013 auch das Ziegendenkmal auf dem Klufterplatz, das daran erinnert, wie wichtig die „Kuh .des kleinen Mannes“ lange Zeit für die armen Friesdorfer Familien war. Heute würde der Senior sich wünschen, dass das Denkmal sozusagen als Meckerstein dienen würde, an dem sich Politiker ihren Wählern stellen könnten. Und auch an weiteren Ideen mangelt es Schwalb, der für seine Verdienste unter anderem den Rheintaler und die Bundesverdienstmedaille erhielt, nicht: Könnte es am Klufterplatz in Zukunft nicht dorfmusikalische Termine geben? Und warum müssen im Dorf Wände langweilig grau bleiben, wenn es doch begabte junge Streetart-Künstler gebe? „Und dann wünsche ich mir, dass an einigen Fachwerkhäusern auf einem Balken noch Friesdorfer Erinnerungssprüche, also Weisheiten der Gasse, stünden“, meint Schwalb. Die Ideen, die lokale Geschichte auch für die Gegenwart zu nutzen, gehen dem 90-Jährigen also auf keinen Fall aus.