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Verein für Heimatpflege und Heimatgeschichte Bad Godesberg e.V.

Geo-Daten statt Tusche-Notizen

Vom Landesvermessungsamt NRW. Seit 1949 ist die Einrichtung in Bad Godesberg

(29. März 2021 General-Anzeiger-Bonn)

VON EBBA HAGENBERG-MILIU

BAD GODESBERG. Mitten in rheinischen Feldern hat der Vermessungstechniker des Godesberger Landesvermessungsamts in den 1960er Jahren sein Nivelliergerät mit Stativ aufgebaut. Der Mann arbeitet gegen Wind und Wetter im Regenmantel. Durch das Zielfernrohr sammelt er Daten für die Erfassung des Geländes, die er darauf am Tisch mit Kartiernadel und Tusche sorgfältig in eine detaillierte Karte eintragen wird. Der große Schutzschirm kann an diesem Tag beiseitegelegt bleiben.

Weiter draußen im Feld stehen die Messgehilfen, um mit den weißen Latten die Position zu wechseln. Am Sammelpunkt wartet der Fahrer am Transporter auf den nächsten Einsatz. Die Männer sind in den warmen Monaten im Außendienst an wechselnden Einsatzorten tätig. Bis Anfang der 1970er Jahre werden die Teams über die Woche meist draußen im Feld bleiben. Nur in den Wintermonaten kann man zu Hause den Zusammenhalt in der Kegeltruppe „Trübe Tassen“ genießen. Denn das Pendeln an die südliche Grenze NRWs hätte damals zu lang gedauert.

Grundstein für Neubau wurde am 19. Juni 1959 gelegt

Das Landesvermessungsamt NRW befand sich nämlich seit 1949 im kleinen Bad Godesberg. Warum das Amt 1949 nicht in die Mitte NRWs ging, erklärt Rolf Dörrstock, selbst ehemaliger Mitarbeiter, in den aktuellen Heimatblättern mit dort fehlenden Immobilien. In Godesberg konnten die Abteilungen Topografie, Trigometrie, Verwaltung und Druckerei an mehr als zehn Stellen unterkommen. Sammelpunkt war die Karl-Finkelnburg-Straße 19. Im Hotel Reichshof an der Bahnschranke zur Plittersdorfer Straße bewegten sich die ersten Druckmaschinen. Der Grundstein zum Neubau wurde am 19.Juni 1959 an der Muffendorfer Straße 19-21 gelegt. Oberhalb der Deutschherrenstraße, wo vorher die Villa Böninger gestanden hatte, sollte nun NRW „vermessen und in Karten der verschiedenen Maßstäbe dargestellt werden, damit für die Verwaltung und Wirtschaft, Wissenschaft und Technik Unterlagen entstehen“, so Dörrstock.

1961, also vor genau 60 Jahren, zog die Druckerei als erste Abteilung in den Neubau ein, der am 28. Oktober 1964 offiziell eingeweiht wurde. Damals war aus städteplanerischen Gründen der zentrale Zugang von der Deutschherrenstraße verboten worden. So öffnet sich die Einrichtung bis heute eher versteckt von der Auffahrt -zum Heiderhof her. Von Godesberg also wurde der rheinische Landesteil vermessen. Eine Außenstelle in Münster bearbeitete bis 1975Westfalen, erläutert auf Anfrage Dennis Heidel von der Bezirksregierung. Insgesamt seien in den 1960er Jahren rund 350 Mitarbeiter beschäftigt worden. Später habe die Zahl bei 420 gelegen: von Vermessungsingenieuren über Kartographen bis zu Mediengestaltern, Druckern und Schriftsetzern. Bis 1964 entstanden weitere Bauabschnitte, die für 260 Personen ausgelegt waren. „Tatsächlich waren aber zu der Zeit bereits 440 Personen vor Ort, sodass es in den Folgejahren zu Erweiterungen kam“, erläutert Heidel. 1989 folgte der achte und letzte Bauteil inklusive Kantine und Tiefgarage. Die Amtsleitung bzw. seit 2008 die Abteilungsleitung der „Geobasis NRW“ hatten Martin Zirkel (1949-1955), Professor Georg Krauß (1955-1974), Ferdinand Voss (1974-1979), Klaus Barwinski (1979-2003), Heinz Brüggemann (2003-2009) und Jürgen Kremers (2009-2017). Seit 2017 ist Kerstin Will Chefin.

Apropos heutige Benennung: „Geobasis NRW“: Die Einrichtung hat durchaus bewegte Zeiten hinter sich. Schon 1973 war der Standort Godesberg in Frage gestellt worden, erinnert sich Rolf Dörrstock. Eine Organisationsprüfung hat ergeben, dass man doch tunlichst nicht an zwei Orten arbeiten sollte. Bis 1974 zitterten die Godesberger: Da entschied das Innenministerium, dass die Kollegen aus Münster an den Rhein ziehen mussten. Die nächste Veränderung kam 2000. Da wandelte das Zweite Gesetz zur Modernisierung von Regierung und Verwaltung in NRW das Amt zum Landesbetrieb um. Im Zuge einer NRW-Verwaltungsreform, die das Zurückfahren auf staatliche Kernaufgaben und die Verlagerung aller anderen Dienste auf den freien Markt bestimmte, wurde das Amt 2008 als Landesbetrieb aufgelöst und organisatorisch in die Bezirksregierung Köln eingegliedert, so Heidel. Der Standort blieb erhalten. „Privat vor Staat“ hieß aber auch Personaleinsparungen auf nur 280 Mitarbeiter. Die Abteilung 7, Geobasis NRW, lieferte von nun an die Datenbasis an Geodaten, die für die Aufgaben von Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft sowie den prıvaten Nutzern benötigt wurden, sagt Heidel. Sie sei sehr modern aufgestellt und gemeinsam mit IT.NRW Vorreiter für digitale Entwicklungen.

Längst hatten sich die technischen Möglichkeiten für die Vermessung grundlegend geändert. „In der Trigonometrie wurden die terrestrischen Beobachtungen von satellitengestützten Datenangaben abgelöst“, schildert Dörrstock. In der Topographie hielt die Luftbildmessung Einzug. Jetzt brauchten nicht mehr ganze Teams wochenlang ins Feld ziehen. Bereits in den 1990er Jahren hätten für das gesamte Landesgebiet die Blätter der Ausgabe Luftbildkarte der Deutschen Grundkarte 1:5000 vorgelegen, so Dörrstock. Externe Vermessungsflugzeuge lieferten das Ausgangsmaterial. In der Kartographie waren manuelle Zeichnungen und Gravuren längst ersetzt von der gestalterischen interaktiven Tätigkeit an Bildschirmgeräten. Mit Tusche und Kartiernadel ist heute keiner mehr unterwegs.

2013 ging dann noch einmal eine Schockwelle durch die Einrichtung: Die 280 Stellen sollten ab 2016 aus Bonn nach Köln abgezogen werden, wie die Bezirksregierung dem GA bestätigte. Die Räumlichkeiten in den acht Gebäuden seien zu groß. Doch es blieb zur Freude der Godesberger Mitarbeiter bei der Ankündigung. Stattdessen begann das Land 2014 zwei Bauteile nach internen Umzügen als Flüchtlingsunterkunft für die Zentrale Unterbringung zu nutzen.

Derzeit seien bei Geobasis NRW 250 Mitarbeiter beschäftigt, sagt Dennis Heidel für die Bezirksregierung. Und wie geht es mit der Abteilung weiter? „Es ist keine Änderung geplant“, heißt die Antwort.

HEIMATBLÄTTER
Viel Geschichte in kleinen Büchern

Die Heimatblätter des Godesberger Heimat- und Geschichtsvereins, Band 58, 10 Euro, sind erhältlich in der Vereinsgeschäftsstelle, Augustastr. 83, dienstags von 15 bis 18 Uhr. bei Stadtmarketing, Ria-Maternus-Platz 1, oder im SWB KundenCenter, Alte Bahnhofstr. 22 a.

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