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Verein für Heimatpflege und Heimatgeschichte Bad Godesberg e.V.

Grüße aus dem alten Godesberg

Postkartensammler Bernd Birkholz beleuchte in einem neuen Fotobuch Geschichte der Jahre 1900 bis 1965

(15. Oktober 2020 General-Anzeiger Bonn )

VON SILKE ELBERN

BAD GODESBERG. Wer heutzutage überhaupt noch eine Ansichtskarte erhält, dreht sie meist schnell um und liest den Text. des Absenders. Wenn Bernd Birkholz hingegen in seiner mehrere tausend Exemplare umfassenden Sammlung blättert, liegt sein Fokus zunächst auf der Vorderseite. Alle zeigen historische Ansichten Bonns und Bad Godesbergs. Aus Letzterem hat er die außergewöhnlichsten nun in einem Buch zusammengestellt.

„Der Bonn Buch Verlag hat den Stein ins Rollen gebracht, nach  einem GA-Bericht über eine ersteigerte Postkarte von mir“, erzählt der 67-Jährige. Verleger Josef Niesen hatte bereits historische Fotobücher zu Bonn und dem Siebengebirge herausgebracht. Also durchsuchte der gebürtige Lannesdorfer Birkholz mit Wohnort Bonn seine Ordner mit Ansichten aus dem späten 19. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts. „Ich hab mich gefragt, was muss der Godesberger sehen, was kennt er?“, beschreibt Birkholz, zweiter Vorsitzender des Heimat- und Geschichts-Vereins, sein Vorgehen. Hehres Ziel: Er wollte neue Perspektiven bieten.

Dafür klopfte er auch bei seinem Godesberger Heimatverein und seinem Freund, dem Pennenfelder Günter Pelz, an. Denn auch diese besitzen Sammlungen. Herausgekommen sind 130 teils farbige, teils schwarz-weiße Ansichten von 1900 bis-1965. Mit „Historisches Bad Godesberg“ gibt es nun noch ein Werk über vergangene Zeiten der Kurstadt, könnte man kritikasternd sagen. Aber Birkholz hat schlagkräftige Argumente für die Daseinsberechtigung des Buchs: „Die Postkarten sind auf die vierfache Größe gezogen und die Druckqualität ist wahnsinnig gut.“

So werden Details sichtbar, wie zwei Automaten auf dem Godesburg-Plateau um 1910. „Einer davon könnte eine Personenwaage gewesen sein, denn die gab es in Privathaushalten noch nicht“, mutmaßt Birkholz. Erst schlemmen im ebenfalls abgebildeten Burgrestaurant, und dann zum Wiegen also.

Seine Recherche-Ergebnisse hat er in kleinen Minitexten unter den Motiven zusammengefasst. „Manchmal mussten auch die Karte selbst und meine Erinnerungen herhalten“, erklärt der Autor. So wie beim „Traumhof“, einem Hotel-Restaurant, das laut ihm Mitte der 1950er auf dem Grundstück des Schlosses Deichmannsaue errichtet wurde. „Der Traumhof hatte eine hohe Anziehungskraft, denn spätere Besitzer erweiterten ihn um einen Märchenwald nebst Minigolfplatz“, so der Sammler. Mitte der 70er Jahre sei der Hof in Rüngsdorf aus dem Adressbuch verschwunden, heute stehe dort ein Mehrfamilienhaus.

Die Ortsteile des Stadtbezirks hat er im Uhrzeigersinn abgearbeitet, manche waren Problemkinder wie Lannesdorf oder Bad Godesberg-Nord. „In die Vororte kamen, anders als ins Zentrum, so gut wie keine Touristen, alles war industriell oder landwirtschaftlich geprägt“, erklärt Birkholz. Folglich gab es auch wenig Postkarten, weshalb sich beispielsweise Friesdorf und Hochkreuz eine Abteilung teilen im Buch. Anders Mehlem, das sich als Luftkurort gut zu vermarkten wusste oder Muffendorf mit seiner früher gefeierten Pfirsichblüte.

Was Birkholz‘ Werk, das ein Jahr früher als geplant in Druck gegangen ist, aber auch zeigt: Viele Freiflächen, wie zum Beispiel am Schweinheimer Hang, sind mittlerweile zugebaut. Das führt Verleger Josef Niesen zu dem Fazit: „Das Aussehen des damaligen Ortes veränderte sich so stark wie bei keinem anderen heutigen Stadtteil.“

– Das Buch „Historisches Bad Godesberg“ von Bernd Birkholz ist im Handel- für 26,50 Euro erhältlich. Herausgegeben hat es der Bonn Buch Verlag, lSBN 978-3-948568-05-4

Ansichtskarten als Historische Quellen. Stadtarchiv besitzt 18 000 Stück

Laut Bonns Stadtarchivar Norbert Schloßmacher hat sich seit den 1990er Jahren das Bild als historische Quelle durchgesetzt und ist auch in der Wissenschaft etabliert. Bildquellen sind wichtige Zeugnisse zur Architekturgeschichte, zur Landschafts- und Alltagsgeschichte, zur Wirtschafts- und Kirchengeschichte und insgesamt zur Sozial- und Kulturgeschichte“, sagte Schloßmacher auf GA-Anfrage. Ansichtspostkarten gehören für ihn „unbedingt in diesen Bereich“, wobei man sie als Quelle auch hinterfragen müsse, „da sie in der Regel die Sonnenseite“ zeigen, also das Schöne; das Vorzeigbare„, meint der Stadtarchivar. Das Bonner Stadtarchiv besitze eine etwa 18 000 Stück zählende Ansichtspostkartensammlung, die zum überwiegenden Teil das heutige Stadtgebiet betreffe. Den Bildband von Bernd Birkholz hat Schloßmacher schon in Händen gehalten und findet „die Auswahl gelungen, die Abbildungsqualität ausgezeichnet und die Bildtexte informativ und stimmig“. Der Band lade zu einem Spaziergang durch das heute in vielen Teilen so nicht mehr bestehende, weil baulich veränderte Godesberg ein.

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