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Verein für Heimatpflege und Heimatgeschichte Bad Godesberg e.V.

Briefe aus dem Alltag in den Krieg

Das Ehepaar Endemann schrieb fünf Jahre lang. Kölner NS-Dokumentationszentrum hat Originale

(3. Oktober 2019 General-Anzeiger Bonn)

BAD GODESBERG. Der Mann im Fliegerhorst, seine Ehefrau mit fünf Kindern in der Heimat, die Angst ein ständiger Begleiter. Die Endemanns aus Bad Godesberg sınd im Zweiten Weltkrieg – wie viele andere –  nicht um ihr Schicksal zu beneiden. Und doch ist da etwas, das Mutter Charlotte Halt gibt: Wann immer sie Zeit findet, greift sie zu Stift oder Schreibmaschine, schildert ihrem Mann, was um sie herum passiert. So am 22. Oktober 1944: „Die beiden Angriffe auf Bonn waren schrecklich. Godesberg hat auch allerlei mitbekommen, das Lazarett Godeshöhe hat zwei Volltreffer  bekommen und viele Tote. Busmanns Geschäft ist auch hin, ebenso das Gangolfhaus.“

Mehr als 500 Briefe, schätzt Tochter Steffi Endemann, hat ihre Mutter von 1940 bis 1945 verfasst. Das Gros ist erhalten und liegt mittlerweile in digitalisierter Form vor. „Wir haben vor zwei Jahren alles dem Kölner NS-Dokumentationszentrum übergeben“, so die Godesbergerin, die Jahrgang 1950 ist. „Meine Geschwister hatten mich auserkoren, alles zu sichten und zu transkribieren.“

In den 60er und 70er Jahren sei der Krieg in der Familie kein Thema gewesen. „Aber irgendwann hat meine Mutter sich hingesetzt und ihre Feldpostbriefe mit Durchschlag für jedes Kind abgetippt“, so die jüngste Tochter. Wahrscheinlich, so mutmaßt sie, aus zwei Gründen.  Zum einen habe ihre Mutter nach dem Tod ihres Mannes 1968 noch einmal eintauchen können in jene Jahre, zum anderen aus Stolz: „Meine Mutter wusste, dass sie gut schreiben konnte.“ Die Kinder gingen schiedlich mit dem Textband um „Es findet sich vereinzelt auch faschistisches Gedankengut“, erklärt Steffi Endemann. Bei der Mutter nur anfangs: Dann schwand die Begeisterung für den Führer und den andauernden Krieg. Beim Vater hielt sie etwas länger an.

Harald Endemann wurde 1903 in Godesberg als Sohn eines Studienrats am „Pädagogium“ in eine protestantische Familie geboren. Bis er –  mit schon 40 Jahren – eingezogen wurde, arbeitete er als Immobilienmakler und -Verwalter. Seine Frau, 1906 in Köln geboren und im Godesberger Verkehrsamt tätig, übernahm während des Kriegs die Geschäfte; da Harald für manches anwesend sein musste, erhielt er verhältnismäßig viele Sonderurlaube. Seine Briefe, etwas weniger als die seiner Frau, tauchten erst durch Zufall bei seinem Sohn Jürgen auf. „lm Januar 2018 ruhten dann wieder alle Augen auf mir, und ich habe mich auch der Vaterbriefe angenommen“, so die Tochter. Stets beginnen diese mit „Mein liebes Lottenkind“, seine Frau schreibt ihn mit „Mein lieber Mann“ an. Im Gegensatz zu seiner Frau, die von jeder Bombardierung berichtet, hält er sich zurück. „Er hat ihr weisgemacht, dass man ihn aus Altersgründen auf einen ruhigen  Posten gesetzt hat“, so seine Tochter. Dabei seien gerade die deutschen Fliegerhorste beliebte Ziele der alliierten Luftangriffe gewesen. Harald habe seine Frau, die er 1933 heiratete, sehr geliebt. Bis 1941 folgten fünf Kinder. Die älteste Tochter starb 1945 an Leukämie: „Das hat meine Mutter bis zu ihrem Tod 1992 nicht verwunden.“

Man habe die Briefe als Zeitzeugenberichte gerne angenommen, sagt Martin Rüther, der für das Kölner NS-Dokumentationszentrum unter anderem die Seite Editionen zur Geschichte betreut. „Beide Eheleute haben einerseits klassische Paarbriefwechsel geführt, andererseits auch Geschäftliches besprochen“, so der Wissenschaftliche Mitarbeiter. Schnell sei beim Vergleich von Original und Abschrift der Mutter aufgefallen, dass sie für ihre Kinder Passagen weggelassen habe. „Aber Manipulation geht nicht. Das muss die zweite Generation aushalten“, meint Rüther. Der Familienrat der Endemanns sah das genauso und besserte nach: „Geschönt wird nichts.“ Wobei Rüther die Eltern „zwar nicht als Widerständler, aber als vergleichsweise harmlos“ einstuft.

► Wer die Feldpostbriefe der Endemanns lesen möchte, findet diese unter www.feldpost.nsdok.cle.

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