Wappen von Bad Godesberg
VHH
Verein für Heimatpflege und Heimatgeschichte Bad Godesberg e.V.

Die Nase per Inserat gesucht

Inke Kuster erzählt bei ihren Führungen durch Godesberg die Geschichten
hinter den Kunstwerken

(9. August 2019 General-Anzeiger Bonn)

VON PETRA REUTER BAD GODESBERG. Bei Spaziergängen entdeckt man selbst in bekannten Gefilden oft Neues. Dinge, denen man zuvor keine Beachtung geschenkt hat, laden zur ein gehenden Betrachtung ein. Mit vielen Informationen zu etwa 15 Kunstwerken an der Redoute und im Stadtpark wartete jüngst Inke Kuster auf. Sie führte beim ersten Skulpturen-Spaziergang des Vereins für Heimatpflege- und Heimatgeschichte Bad Godesberg zu den Werken rund um die Redoute und durch den Stadtpark.

Knapp 20 Interessierte folgten der Stadtführerin und Kuratorin des Beueler Heimatmuseums von der ersten Skulptur im Eingangsbereich des Hauses an der Redoute, durch den Redoutenpark in den Stadtpark, am Trinkpavillon vorbei und zurück zur Redoute. Schon auf den ersten Metern der Führung wurde anhand der offensichtlichen Schäden, Reparaturen und Restaurierungsspuren deutlich: Ungewöhnliche Darstellungen – vor allem Nacktheit – waren zu Beginn des 20. Jahrhunderts ebenso wie in den darauf folgenden Jahrzehnten ein Problem für die Bevölkerung. Auch wenn die „Flora“ von Gustav Eberlein im Foyer des Hauses an der Redoute gegenüber manch anderem Kunstwerk verhältnismäßig reich bekleidet ist, fand sie offenbar nicht jedermanns Gefallen. An verschiedenen vorigen Standorten wurde sie immer wieder beschädigt, schließlich brach man ihr dann alle Finger ab.

„Hier zeigt sich die Diskrepanz zwischen jenen, die Kunst aussuchen und für die Allgemeinheit stiften, und jenen, für die sie bestimmt ist“, konstatierte Kuster. So suchte Carl von der Heydt, Mäzen und einer der großen Stifter, immer wieder die Nähe zu vielversprechenden Künstlern. Um so hochwertige Werke für seinen Sommersitz in und um das Schloss Wacholder auf dem Gelände des heutigen Aloisiuskollegs in Auftrag geben zu können. Viele der Werke wurden auch im öffentlichen Raum gezeigt. Die Tochter von der Heydts, Gerda de Weerth, schenkte später Werke namhafter Künstler wie Gustav Eberlein, Wilhelm Neumann-Torborg und Georg Kolbe der Stadt. „Die Nymphe“, mit der Carl von der Heydt als Mäzen Georg Kolbes zum geplanten Skulpturenpark zu Jahrhundertbeginn beitrug, verlor im Laufe der Zeit ihren Kopf durch Gewalteinwirkung- auch die Nase wurde zerstört. Sie verschwand sogar und wurde per Inserat gesucht. „Eine Provinzposse sondergleichen war das Aufheben um die nackte Figur, an deren Anblick sich die jungen Männer erfreuten“, sagte Kuster. Ganz Deutschland habe über die Godesberger Sittlichkeitsschnüffler gelacht – genau wie über die Appelle an den Bürgermeister, er möge die Figur entfernen lassen, und Drohungen, man werde dem Kaiser von der unerhörten Figur berichten. Der Schlangenadler hingegen, in einer Nische unter einem Baum platziert, blieb weitgehend unbehelligt. „Wir wissen nichts über den Künstler, über den Stifter oder die Entstehung der Skulptur“, so Kuster. Nichtsdestotrotz verdiene das kunstvolle Werk Beachtung. Ob man den majestätischen Greifvogel heute noch problemlos beobachten könnte, bezweifele die Referentin. Da seine Nahrungsquelle, die Schlangen, aus unseren Breiten weitgehend verschwunden sind, findet man den Raubvogel kaum noch in Deutschland. „lch komme immer wieder gerne zu den Spaziergängen“, sagte eine Besucherin. Weil der Verein immer neue Facetten des Stadtteils ins Auge fasse, sei es interessant und man erfahre Details, die beim einfachen Spaziergang verborgen blieben. So erfuhr man in diesem Fall gleich zu Beginn der Veranstaltung, dass die heute oft synonyme Verwendung der Begriffe „Plastik“ und „Skulptur“ nicht präzise ist. „Eine Plastik wird aus einem Stoff von innen nach außen gestaltet, bei einer Skulptur entfernt man Teile eines Materials und schafft auf diese Weise die gewünschte Figur“, erklärte Kuster.

Weitere Spaziergänge

informative Spaziergänge zeigen historische Facetten des Stadtteils: Weitere Spaziergänge des Vereins zur Heimatpflege und Heimatgeschichte Bad Godesberg mit vielen Informationen rund um den Stadtteil bieten verschiedene Referenten jeweils mittwochs um 17 Uhr. Am 14. August führt Irmtraud Blask von der Sankt Severinskirche durch Mehlem. Am 21. August erwartet Martin Ammermüller die Spaziergänger an der Michaelskapelle am Fuße der Godesburg zu einem Spaziergang über den geschichtsträchtigen Burgfriedhof. Unabhängig von den Spaziergängen bietet der Verein für den 10. August eine Fahrt zur Arbeitswelt Austellung DASA mit anschließendem Besuch in Hohensyburg an, zu der man sich noch anmelden kann. Kontaktdaten findet man auf der Homepage www.vhh-badgodesberg.de

Menü