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Verein für Heimatpflege und Heimatgeschichte Bad Godesberg e.V.

Vom Kurort zum Medizintourismus

Seit 90 Jahren führt Godesberg den Titel Bad. Kurfürst Max Franz legte den Grundstein

(10. Juni 2016 General-Anzeiger Bonn)

VON MICHAEL WENZEL
BAD GODESBERG. Erst vor einem Jahr erhielt die Draitschquelle die staatliche Zertifizierung als „anerkannte Heilquelle“ von der Bezirksregierung in Köln. Pünktlich zur Einweihungsfeier des sanierten Draitschbrunnens im Mai vergangenen Jahres war dies gewissermaßen das i-Tüpfelchen für die wiederauferstandene Brunnenanlage und die damit verbundene Tradition. Seit 90 Jahren trägt Godesberg das Bad im Namen.

Die Geschichte begann zur Zeit des letzten Kölner Kurfürsten Max Franz, der den Ausbau der Godesberger Brunnenanlagen und die Entwicklung des Bades Godesberg nach Kräften förderte. Max Franz erwarb den Brunnen mit dem umliegenden Draitschbusch, ließ 1789 den Godesberger Bach teilweise verlegen, die Mineralquelle neu fassen und ein Haus für den Brunenmeister errichten. Brunnenallee und Marienforster Promenade wurden ausgebaut, 1792 das kurfürstliche Ballhaus, die Redoute, eröffnet. Im Auftrag des Kurfürs ten erstellte der Bonner Professor Ferdinand Wurzer eine Brunnenanalyse, deren Ergebnis Max Franz bestärkte, Godesberg zu einem Bade- und Kurort zu machen.

Die Zahl der Kurgäste nahm sprunghaft zu

„Die amtliche Änderung des Gemeinde-Namens Godesberg am 10. Juni 1926 in Bad Godesberg kam eigentlich um viele Jahrzehnte zu spät, begann doch die badestädtische Entwicklung Godesbergs in Wirklichkeit schon Ende des 18. Jahrhunderts“, schreibt folgerichtig Hans Kleinpass in einem Aufsatz zum 60. Geburtstag des Titels „Bad“ vor 30 Jahren. Dank der verbesserten Kur- und Badeeinrichtungen, ergänzt durch den 1890 bis 1892 begründeten Kurpark, nahm der Fremdenverkehr bis zum Ersten Weltkrieg erheblich zu. „Die Zahl der Kurgäste stieg um das Doppelte, der Wasserversand vermehrte sich um das Dreifache, und die Zahl der abgegebenen Bäder erhöhte sich um das Fünffache. Bei internationalen Ausstellungen in Paris 1904 und London 1905 wurde das Godesberger Mineralwasser mit Ehrendiplomen und Medaillen ausgezeichnet“, so Kleinpass. Obwohl die Auswirkungen des Ersten Weltkrieges auf den Fremdenverkehr in Godesberg katastrophal waren, ließ Bürgermeister Wilhelm Josef Zander nichts unversucht, um seine Stadt wieder in die Spur zu bringen. So erklärte die Godesberger Ärzteschaft am 27. Mai 1919 bei einer Besprechung im Rathaus: „Die kohlensauren Mineralquellen, die Lage, das Klima und die Bodengestaltung geben Godesberg den Charakter eines hervorragenden Heilortes.“ Und der Godesberger Arzt Rudolph Schorlemmer kam 1920 in einer Denkschrift zum Ergebnis, „dass Godesberg als Bad, vor allem auch für Herzkranke eine große Zukunft haben könnte.“

Fünf Jahre später beschloss der Kur- und Badeausschuss, die bahn-und postamtliche Bezeichnung Godesbergs in „Bad Godesberg“ ändern zu lassen. Verkehrsdeputation und Gemeinderat waren für die Bezeichnung „Bad Godesberg am Rhein“, und am 19. Januar 1926 bat Bürgermeister Zander den Landrat, beim Innenminister die Ortsbezeichnung „Bad Godesberg (Rhein)“ zu erwirken. Die Eisenbahndirektion Köln legte jedoch Wert auf möglichst kurze Stationsnamen und empfahl die Bezeichnung „Godesberg (Rhein)“. Am 10. Juni 1926 unterzeichnete der preußische Innenminister Severing schließlich den Erlass, wodurch der Name der Landgemeinde Godesberg in „Bad Godesberg“ geändert wurde.

Godesberg darf sich aus historischen Gründen Bad nennen

„Neubürger fragen oft, warum Godesberg sich Bad nennen darf, obwohl es doch offensichtlich heute kein Kurort ist“, sagt Martin Ammermüller, Vorsitzender des Bad Godesberger Heimat- und Geschichtsvereins. „Altbürger befürchten hingegen, dass Godesberg eines Tages die schmückende Bezeichnung Bad verlieren könnte, wenn immer weniger im Erscheinungsbild Godesbergs darauf hindeutet.“ Sorgen in Bezug auf einen möglichen Verlust sind unbegründet. Die Gemeindenamen ergeben sich aus der nordrhein-westfälischen Gemeindeordnung. Und die besagt, dass die Gemeinden ihren vor dem Erlass der Gemeindeordnung geführten Namen weiter führen können. „Das bedeutet für Bad Godesberg, dass es sich aus historischen Gründen weiterhin Bad nennen darf und dafür keine weiteren Voraussetzungen erfüllen muss“, so Ammermüller.

Dass der Titel „Bad“ heute noch passt, beweisen die Medizintouristen, die insbesondere aus der arabischen Welt nach Bad Godesberg kommen. Nicht zuletzt mit der jüngsten Bürgerforderung nach einer Kurtaxe (der GA berichtete) für die Gesundheitstouristen schließt sich also wieder der Kreis.

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