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Verein für Heimatpflege und Heimatgeschichte Bad Godesberg e.V.

Godesberg im Boxfieber

Heimatverein erinnert an die Stars im Ring: „Tarzan“ Paul Feldhoff trug 50 Kämpfe aus

(26. Februar 2016, General-Anzeiger Bonn)

VON EBBA HAGENBERG-MILIU

BAD GODESBERG. Was tun, wenn Godesbergs Lokalmatador Paul Feldhoff gegen eine „Eiche“ des Boxclubs BC Rot-Weiß Essen schwere Schläge einsteckt und zu verlieren droht? Papa Feldhoff jedenfalls konnte es am 30. Oktober 1957 vor Bauchweh nicht mehr mit ansehen, wie Sohnemann in der damaligen Vereinshalle des BC Godesberg nahe der Kirche St. Marien gleich zu Beginn Prügel bezog.

Nach der ersten Runde musste der Papa raus an die frische Luft, wo, so schildert es Friedhelm Schultz in der neusten Ausgabe der Godesberger „Heimatblätter“, ein Herr gerade seinen Hund Gassi führte. Mit einem „Halten sie ihn mal eben, Tarzan boxt!“, drückte der Herr dem erstaunten Papa Feldhoff die Leine in die Hand und war im Pulk fiebernder Zuschauer in der Halle verschwunden. Zurück blieb der verblüffte Boxerpapa und ein Hündchen, das ihn erwartungsvoll anblickte.

Tarzan? Der Boxfan meinte unmissverständlich seinen Sohn, der sich in den lokalen Fachkreisen, seiner Wendigkeit wegen, diesen Spitznamen verdient hatte. Der Junior konnte klettern und tänzeln wie ein Affe, hieß es. Amateurboxer „Tarzan“, der seine Beweglichkeit und Kondition tagtäglich auch als Gerüstbauer bewies, schien drinnen in der Halle Oberhand zu gewinnen. Und der Vater sollte draußen stehen? Flugs reichte er Leine nebst Hund einer ebenfalls wartenden Dame weiter und war im Hexenkessel an der Junkerstraße verschwunden. Wo er nochmals auf besagten Herrn traf, der strahlend verkündete: „Tarzan hat doch noch gewonnen, Sie kommen zu spät“, um dann erstaunt nachzuhaken: „Aber wo ist mein Hund?“

Unterhaltsame Details wie diese enthält Friedhelm Schultz‘ wehmütiger Rückblick auf die   Jahrzehnte   des Bad Godesberger Boxsports. Auf ferne Zeiten also, als unweit des Godesberger Bachs Blut und Schweiß flössen und die Altstadt noch Altstadt war. „Ich kenne keinen Ort in dieser Republik, der  seine lang gewachsene Altstadt so konsequent selbst zerstörte  wie  Bad Godesberg“, klagt Schultz.

Der Godesberger Box-Club war in den 1930er Jahren entstanden und nach dem Zweiten Weltkrieg dort wiederbelebt worden, wo das Herz des Knolleveedels schlug. Wo heute das katholische Pfarrzentrum St. Marien ist, hatte in den 1950er und 1960er Jahren das Boxer-Leben Godesbergs seine Höhen und Tiefen erlebt.

Schultz ist für die Recherche zwar auch ins Stadtarchiv gestiegen, aber die dicksten Forscherfunde boten sich ihm im Kontakt mit zwei der großen Godesberger Boxlegenden: mit besagtem „Tarzan“ Paul Feldhoff, der 50 Kämpfe ausgetragen hatte, und mit Reinhard Dievernich, dessen Boxerausweis 35 Kämpfe notierte. Über den langjährigen Boxtrainer Heinz Recla erfuhr Schultz so eine Menge über den damaligen BC-Geschäftsführer Benno Hoheiser, über Hans Rahlf, einen mehrfachen NRW-Polizeiboxmeister, über Karl-Heinz Schulz, genannt Mecki, und nicht zuletzt über Godesbergs Deutsche Eiche mit Namen Christian Hüffel. Die Turnhalle an St. Marien war nicht nur für sie zum Mittelpunkt ihres Vereinslebens geworden. Ihr Lauftraining absolvierten die Faustkämpfer am Godesberger Bach entlang. Ab der Einmündung Brunnenallee ging’s im Spurt zur Halle zurück. Zu Wettkämpfen musste der Boxring jeweils aufge­baut werden.

Dass der Hallenzustand eher traurig war, kümmerte letztlich niemanden. Innen bröckelte der Putz von der Decke, die Umkleide und Geräteräume hatten auch schon bessere Zeiten gesehen. Aber wenn zum Wettkampf die Mannschaften sogar aus der Ferne erschienen, ging das Boxfieber in Godesberg um. „Feldhoff schlug wieder mit Schmiedehämmern zu“, schrieben dann die Zeitungen, „schwergewichtiger Wingarz schickte seinen Gegner träumen“ und „Godesberger Boxer überrollten die Gäste“.

Von 1500 elektrisierten Zuschauern war sogar in einem auswärtigen Blatt einmal die Rede. „Es ist für mich nicht nachvollziehbar, wo die in dieser kleinen Turnhalle ihren Platz fanden. Vielleicht hatte der schreibende Sportjournalist doppelt gesehen“, amüsiert sich Schultz. Der Verein durfte in den 1960er Jahren auch einige Male attraktive Kämpfe im großen Saal der Stadthalle austragen.

Schultz präsentiert auch einen Tiefpunkt der Godesberger Boxergeschichte. Als es am 11. Mai 1957 gegen den BC Grenzlandring Erkelenz ging, habe der Wettkampftag unter einem denkbar schlechten Stern gestanden. Von den an­gekündigten Paarungen blieben nur zwei übrig, und als die beiden Boxer im ersten halbwegs vernünftigen Kampf endlich warm gewor­den waren, brachen schließlich noch kläglich sämtliche Ringaufbauten zusammen.

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