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Verein für Heimatpflege und Heimatgeschichte Bad Godesberg e.V.

Städtepartnerschaften im Wandel

Bad Godesberg unterhält seit 1957 Kooperationen mit Städten in sechs Ländern. Heute fehlt es den Partnern offenbar an Interesse

(22. August 2024, General-Anzeiger)

VON EBBA HAGENBERG-MILIU

BAD GODESBERG. | Wie Ursula Cremer an der Seite ihrer Eltern den Beginn der Godesberger Städtepartnerschaften erlebt hat? „Es war ein Neuanfang. Es war einfach erstaunlich für uns, gute Kontakte zu unseren Nachbarn knüpfen zu können“, antwortet die heute 76-Jährige. Cremer war Tochter des von 1948 bis 1959 amtierenden Stadtdirektors Josef Herrmanns im damals noch selbstständigen Bad Godesberg. Sie war damit ganz nah dran an den ersten Kooperationen: Die Badestadt unterschrieb 1957 den Vertrag mit dem französischen Saint-Cloud und 1960 mit dem italienischen Frascati sowie dem britischen Windsor and Maidenhead, also mit drei Gemeinden, die ebenfalls nicht weit von ihren Hauptstädten liegen.

„Ich habe bei den Besuchen oft ins Englische übersetzt. Mit seinem Lateinisch und Altgriechisch kam mein Vater ja nicht weiter“, sagt Cremer lachend, während sie Fotos ihrer Eltern auf Besuch in Großbritannien betrachtet. Auch im französischen St. Cloud sei sie als junge Frau gewesen. „Und bei der Essenseinladung bei der dortigen Stadtverordneten zu Hause habe ich total unterschätzt, wie viele Gänge die Franzosen essen, und war schon nach dem ersten satt“, sagt Cremer schmunzeld.

Im Mittelpunkt der Aktivitäten des europäischen Partnerschaftsrings stehe die unmittelbare Begegnung der Menschen, ist auf der Homepage der Stadt Bonn zu lesen. Offizielle Städtepartnerschaften und -freundschaften seien vorwiegend genutzt worden, um nachbarschaftliche Beziehungen zu pflegen oder Zielgruppen aus den Partnerstädten zu gemeinsamen Kunstausstellungen, Jugendprojekten oder Sportveranstaltungen einzuladen. Dafür könne man auch heute noch bei der Bezirksverwaltung Zuschüsse beantragen. In einer aktuellen Stellungnahme der Verwaltung auf eine Große Anfrage der CDU für die nächste Bezirksvertretungssitzung wird die dafür zur Verfügung stehende Summe mit jährlich 8800 Euro angegeben.

Gerade nach der Katastrophe des Zweiten Weltkriegs sei diese Form der Kontaktpflege enorm wichtig gewesen, betont Ursula Cremer. „Die Menschen hatten Schlimmes erlebt. Sie wollten sich achten und aus den Nachkriegswehen herauskommen.“ Ressentiments der Gäste oder auf Besuch im Ausland habe sie nicht erlebt, nur Unsicherheiten, wie man nach dem Gemetzel miteinander umgehen sollte. Dabei sei Bad Godesberg als Partnerstadt aber attraktiv gewesen. „Wir waren ja mit den vielen Diplomaten vor Ort als weltoffen bekannt“, so Cremer.

Anfangs seien zu den Partnerschaftstreffen in Godesberg und im Ausland Kleinbusse mit einer Handvoll Bürgern gefahren, erinnert sich Sylvia Werner, die sich für den Heimat- und Geschichtsverein in Sachen Partnerschaften engagiert. „Und in den Hochzeiten fuhren dann ganz Reisebusse auch mit Kindern hin und her.“ Werner hat vor allem die Partnerschaft mit dem belgischen Kortrijk (seit 1964) sowie die Städtefreundschaften mit Berlin-Steglitz (seit 1962) und dem türkischen Yalova (seit 1969) intensiv erlebt. Frascati, Kortrijk, St. Cloud, Windsor and Maidenhead und Bad Godesberg sind übrigens auch in einem Städtering untereinander verpartnert.

Die Städtepartnerschaft scheint heute überflüssig

„Ich bin traurig, dass man diesen nahen Kontakt zu Einheimischen, den man ja auf keiner normalen Reise kriegt, heute offensichtlich nicht mehr braucht“, sagt Werner dann. Sie selbst unterhalte heute noch Freundschaften über die Ländergrenzen hinweg, die aus spannenden Treffen erwachsen seien. Aber neue Projekte seien nach mehr als 50 Jahren Partnerschaft vor allem daran gescheitert, dass neue Personen maßgebend seien, die keine persönlichen Beziehungen zu den Städten mehr hätten, meint Martin Ammermüller vom Heimatverein. „Auch die Kosten waren offenbar für die dortigen Mitglieder zu hoch.“ Zudem sei heute die Einstellung zum Thema halt anders als früher.

Ab 1999 hatte es noch einmal intensiven Kontakt mit dem türkischen Yalova gegeben, als dort bei einem Erdbeben mehr als 2500 Menschen ums Leben gekommen waren. Der Freundeskreis Yalova um den damaligen Godesberger Bürgermeister Ulrich Hauschild initiierte diverse Hilfsaktionen. 2022 organisierte man mit der Deutsch-Türkischen Gesellschaft Bonn noch einmal eine Ausstellung türkischer Kunst im Haus an der Redoute. Yalova wurde übrigens im Dezember 2023 erneut von einem Erdbeben, dieses Mal aber „nur“ der Stärke 5,1, erschüttert. Es gab keine Toten zu beklagen.

Im April 2023 konnten die Godesberger noch einmal eine Delegation aus Berlin-Steglitz im Haus an der Redoute empfangen. Ansonsten sind die länderübergreifenden Aktivitäten selten geworden, bestätigt auch die aktuelle Stellungnahme der Verwaltung auf CDU-Anfrage. Mögliche Termine würden von den auch untereinander verpartnerten Städten abgesagt, etwa im Mai dieses Jahres die Einladung der Oberbürgermeisterin und des Bezirksbürgermeisters zum Bonner „Fest der Demokratie“. Dies liege vor allem daran, dass die personelle und finanzielle Situation überall angespannt sei, vermute die hiesige Bezirksverwaltungsstelle. Bürgermeister Michael Wenzel werde die Partnerstädte für das Frühjahr 2025 zu einem Workshop zur künftigen Ausrichtung der Städtepartnerschaften einladen.

Unter anderem für dieses Arbeitsgebiet ist eine teilzeitbeschäftigte Kraft der Bezirksverwaltungsstelle Godesberg zuständig. Dorthin wendeten sich in den letzten Jahren meist Einzelpersonen oder Vereine, die gerne ein Projekt mit den Städtepartnern umsetzen wollten, antwortet die Stadtverwaltung auf CDU-Anfrage. Die Bezirksverwaltungsstelle begrüße diese Initiativen und biete Unterstützung bei der möglichen Umsetzung an. „Oft scheitert die Umsetzung von Projekten an fehlendem Interesse aus den Partnerstädten.“ Kontakt unter: BezVSt.Bad-Godesberg@bonn.de.ham

KONTAKTSTELLE – Bezirksverwaltungsstelle begrüßt Initiativen

Unter anderem für dieses Arbeitsgebiet ist eine teilzeitbeschäftigte Kraft der Bezirksverwaltungsstelle Godesberg zuständig. Dorthin wendeten sich in den vergangenen Jahren meist Einzelpersonen oder Vereine, die gerne ein Projekt mit den Städtepartnern umsetzen wollten, antwortet die Stadtverwaltung auf CDU-Anfrage. Die Bezirksverwaltungsstelle begrüße diese Initiativen und biete Unterstützung bei der möglichen Umsetzung an. „Oft scheitert die Umsetzung von Projekten an fehlendem Interesse aus den Partnerstädten.“ Kontakt unter: BezVSt.Bad-Godeberg@bonn.de. ham

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