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VHH
Verein für Heimatpflege und Heimatgeschichte Bad Godesberg e.V.

Als die Leute die Nymphe beschimpften

Stadtpark und Redoutenpark sind voller Kunstwerke. Bei einigen lohnt sich der genauere Blick

(9. August 2024, General-Anzeiger)

VON ALFRED SCHMELZEISEN

BAD GODESBERG. | Bei den sommerlichen Spaziergängen des Vereins für Heimatpflege und Heimatgeschichte Bad Godesberg (VHH) können auch langjährige Godesberger noch neue Seiten des Stadtbezirks entdecken. Die Resonanz ist bisher groß. Auch der Spaziergang zu den Skulpturen im und am Redoutenpark und im Stadtpark lockte viele Kunstbegeisterte an.

Für Annette Krapp, Vorstandsmitglied des Vereins, selbst war der Spaziergang vorbei an unzähligen Kunstwerken und Skulpturen eine Premiere. Sie lieferte geschichtliche Erläuterungen zu den Besonderheiten, an denen die Godesberger Tag für Tag vorbeikommen. Seit einem Jahrzehnt gehört Annette Krapp dem VHH an. Sie absolvierte in Aachen und Bonn ein Kunstgeschichte-Studium und ist heute Leiterin der Kunstvermittlung im Arp-Museum in Rolandseck.

Bis auf fehlende Finger noch ganz intakt

Im Haus an der Redoute startete der Rundgang an der dort platzierten Flora-Statue, die um das Jahr 1900 aus unpoliertem Marmor vom Berliner Bildhauer Gustav Eberlein geschaffen wurde. „Leider hat sie im Laufe der Zeit ihre Finger verloren, aber sonst ist Flora noch bestens erhalten“, sagte Krapp. Gleich nebenan, vor der Tür nahe dem Durchgang zur Redoute, ist aktuell ein Podest verwaist. „Die Skulptur Faun und Nymphe, ebenfalls um das Jahr 1900 entstanden, hat Bildhauer Wilhelm Neumann-Torburg für die Auftraggeber der Familie von der Heydt und deren Brunnen an der ehemaligen Villa Wacholderhöhe geschaffen“, berichtete die Kunsthistorikerin.

Der VHH kümmerte sich vor elf Jahren um einen Standortwechsel der Skulptur, die vor dem Haus an der Redoute stand, an den heutigen Standort. Aktuell wird die Skulptur restauriert, und die Vorsitzende des VHH, Iris Henseler-Unger, hofft, dass das Kunstwerk irgendwann wieder am aktuellen Platz zu sehen sein wird.

Im Bereich vor der Redoute gab es reichlich Erläuterungen zu den sechs Musen-Statuen an der Attika des Gebäudes, die dort seit 1792 zu sehen sind. Im vorgelagerten Park ist zwischen Bäumen die Springbrunnenfigur „Schlangenadler“ aus Bronze zu sehen – eine Kopie des ursprünglich aus Zink von einem unbekannten Künstler entworfenen Kunstwerks. Die Figur ist auf dem Sockel des Simrock-Denkmals installiert – der Sockel stand früher im Bonner Hofgarten.

Die in Bad Godesberg oft als Nymphengärtnerin bekannte Plastik am Springbrunnen vor der Redoute ist eigentlich eine Anglerin mit Fisch. Sie stand früher im Bereich des Redüttchens beziehungsweise im Garten von Familie Stollwerk, die eine Villa im heutigen Bereich des Parkhotels besaß. Die Brunnen-Nymphe von Künstler Georg Kolbe im weiteren Gartenbereich war vor einem Jahrhundert sehr umstritten – die Plastik erschien den Kritikern als zu nackt. Dazu las Annette Krapp vor, wie die Godesbergerinnen und Godesberger damals gegen die nackte Darstellung einer knienden Frau wetterten – aber ohne Erfolg.

Hinter der Redoute in der Verlängerung des Gartensaals zum Redoutenpark betrachteten die Rundgang-Teilnehmer die Beethovenstele des Künstlers Franz Rotter. „Der Bronzekopf wurde 1955 erstellt, steht am jetzigen Standort seit 14 Jahren und erinnert an den Komponisten, der 1792 in der Redoute vor Haydn spielte“, so Krapp.

Auf dem weiteren Weg betrachtete die Gruppe auch eine hethitische Sonnenscheibe, eine Grabbeigabe bei Fürstenfamilien. Im Fall der 1988 von Künstler Metin Yurdanur geschaffenen Scheibe handelt es sich um das Geburtstagsgeschenk der türkischen Botschaft zur 2000-Jahr-Feier von Bonn. Die Scheibe ist unweit der Brücke zum Kleinen Theater platziert.

Nicht fehlen durfte bei den weiteren Erläuterungen auch das Kunstwerk „Geiger mit Frau“ von Künstlerin Christiane Opiela an der Musikschule und die Stahl-Skulptur ohne Namen von Künstler Bernhard Müller-Feyen, eine Verbindung von Kunst, Natur und Mensch mit vielen Durchblicken sowie das Kunstwerk „Leid an der Mauer“ von Dieter Popielaty, eine Kopie eines Geschenks der Partnerstadt Berlin-Steglitz zum Gedenken der Maueropfer. Das Kunstwerk „Stein“ von Gundula Neidert-Bück in direkter Nähe im Stadtpark von Bad Godesberg erinnert an den Mauerfall.

Schließlich erläuterte Krapp noch das Fries-Kunstwerk am Trinkbrunnen, ein stilisiertes pflanzliches Ornament von Carl von Ackeren (1970), wozu ein Glas Godesberger Wasser angeboten wurde. Vorbei am Aluminiumguss „Struktur IV/III AP“ führte der Weg zum neuesten bekannten Kunstwerk am Bahnhofsvorplatz, „Laurel“ von Jaume Plensa, an dem sich viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer sehr positiv zum Kunstwerk und dessen Standort äußerten. Auf dem Rückweg erläuterte Annette Krapp am Brunnen „Knabe an der Quelle“ unweit des Rosenrondells im Stadtpark noch das Geschenk der Familie Wendelstadt an die Gemeinde Godesberg.

Beim nächsten Spaziergang des VHH am Mittwoch, 14. August, führt Iris Henseler-Unger durch Friesdorf. Treffpunkt ist um 17 Uhr auf dem Klufterplatz.

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