Liebespfeile von Schnecken, Geschenke von Spinnen
Artenvielfalt in Friesdorf: Professor Wolfgang Böhme berichtet beim Heimatverein über faszinierende Tiere aus seinem Garten
(10. April 2024, General-Anzeiger)
VON BETTINA KÖHL
BAD GODESBERG. | Professor Wolfgang Böhme hat in seinem Friesdorfer Garten einen Feuersalamander in zehn Jahren gleich sechsmal wiedergetroffen. Jedes der Tiere ist anders gezeichnet, manche haben ein fleckiges Muster, andere haben gelbe Streifen. „So kann man sie eindeutig erkennen“, erklärt Böhme. Das Alter seines Gartenmitbewohners sei nicht ungewöhnlich: „Wir haben im Museum Koenig ein Exemplar in unserer Sammlung, das über 50 Jahre alt geworden ist.“
Nach der Mitgliederversammlung des Vereins für Heimatpflege und Heimatgeschichte (VHH) Bad Godesberg gab Böhme, Vizepräsident der Alexander-Koenig-Gesellschaft und ehemaliger stellvertretender Direktor des Museums, einen Überblick über die Artenvielfalt am Sangersberg in Friesdorf. Seit 1986 dokumentiert er in seinem Garten, wer dort Beute sucht, sich tarnt und täuscht, Nachwuchs auf die Welt bringt oder den Luftraum schneidet. Zoologe Böhme, bekannt für unterhaltsame Lesungen und Vorträge, lenkte den Blick auf die Besonderheiten der Tiere, auf ihre Anpassung an die Umwelt und auf ihre Überlebensstrategien. Und sei es nur, um den Liebesakt mit einem Weibchen zu überstehen.
Der ist für männliche Spinnen besonders gefährlich. Damit sie nicht von den Weibchen gefressen werden, versetzen die Haus-Winkelspinnen die Partnerinnen durch rhythmisches Klopfen in eine Paarungsstarre. Die Krabbenspinne hingegen fesselt das Weibchen symbolisch. „Es ist ein hochritualisiertes Verhalten, denn die Partnerin könnte die Fäden leicht zerreißen“, sagte Böhme. Die Listspinne fängt vor der Paarung ein Beutetier wie zum Beispiel eine Fliege und packt es wie ein Geschenk ein. „Wenn das Weibchen den Mund voll hat, kann es das Männchen nicht fressen.“ Alleine 76 Spinnenarten hat der Zoologe in seinem Garten in Friesdorf gezählt. „Im Grunde ist es ein Stück Waldrand, was ich da habe“, berichtete Böhme, der auch schon eine Abhandlung über die Artenvielfalt auf dem 1000 Quadratmeter großen, steilen Hang geschrieben hat. Seit 1971 arbeitete er am Museum Koenig, seit 1986 wohnt er an einem ehemaligen Weinberg an der oberen Annaberger Straße und seit 1996 dokumentiert er dort die Arten, und zwar nicht nur die Tiere. Vom Weinbau seit der Römerzeit zeugt zum Beispiel noch der Schmalblättrige Milchstern, der offenbar schon mit den Römern aus dem Mittelmeerraum nach Friesdorf kam.
83 Wildbienenarten, 90 Arten von Schmetterlingen, aber nur zwölf Heuschreckenarten hat Böhme bisher gezählt, außerdem 64 Vogelarten und 21 Säugetiere wie Haselmaus und Waschbär. Es sind aber immer wieder die besonderen Verhaltensweisen, die zu einem kleinen Exkurs einladen: zu den Schnirkelschnecken, die sich mit Liebespfeilen beschießen, oder zu den Hummelschwebern, die eine Sandkammer im Körper haben. Der Sand bleibt an den Eiern kleben und beschwert sie, sodass die Zweiflügler sie besonders zielgenau abwerfen können.
„Die Artenvielfalt in ihrem Garten ist wirklich toll“, sagte Iris Henseler-Unger, erste Vorsitzende des VHH, und dankte Böhme mit heimischem Wein für seinen Vortrag. Henseler-Unger wurde bei der Mitgliederversammlung wiedergewählt, ebenso wie der zweite Vorsitzende Bernd Birkholz. Elinor Schuckmann-Tröder ist neue Schatzmeisterin. Thomas Hußmann wurde zum neuen Beisitzer gewählt, Annette Krapp, Norbert Schloßmacher und Andreas Schütt wurden in diesem Amt bestätigt. Joachim Tintelnot und Franz Messinger sind aus dem Vorstand ausgeschieden und bekamen als Dank für ihre langjährige Arbeit die goldene Ehrennadel des VHH verliehen.